Mehr Details: Von Santa Teresa di Gallura zur Marina Puntaldia
Heute ist der Himmel verhangen, der Wind hat gedreht und bläst mit ordentlicher Stärke aus NW. Unser Skipper sieht somit von seinem angedachten neuerlichen Versuch, Bonifacio anzusteuern, ab. Das würde langes Aufkreuzen oder harte Motorfahrt bedeuten. Der Traum Bonifacio ist somit in den Wind geschrieben bzw. von diesem vertrieben. Zum Trost wird Josef von seiner Giuseppina (Vera) noch ordentlich geströmt, sodass seine etwas lädierte Wirbelsäule bald wieder OK ist. Das Frühstück gibt es heute im Salon – dabei werden schon sittenwidrige Gespräche über die Giuseppina > auf deutsch Josefine (Mutzenbacher) geführt: „Vera, lässt du deinen Josef schon noch alleine von Bord ? „. Vera, die ja auch nicht auf den Mund gefallen ist, fragt gleich einmal nach, wie es mit dem Abwaschen bei den Männern aussieht. Sie hat nämlich auch Hackerl gemacht (so wie die Charterfirma beim Erledigen der Arbeiten an unserer Agustina) und kann nur zwei entdecken, obwohl vier Männer an Bord verpflegt werden. Wer sind die Drückeberger?
Kaum zu glauben, dass heute unser Jungpärchen schon so viel Energie hat. Es tätigt schon den Einkauf, putzt das Boot voller Enthusiasmus und ist stolz darauf, dass alles so perfekt abläuft. Nur eines bedenkt es bei seinem Ehrgeiz nicht, nämlich das Steuerbordfenster unserer Koje zu schließen. Kleidung und Bücher, die auf dem Schrank liegen, werden schön eingewässert. Als ich die Sachen auf der Reeling zum Trocknen aufhänge, glaube ich meinen Augen nicht zu trauen, als ich eine Unterhose, die sich in der Jeans versteckt hatte, im Hafenbecken herum schwimmen sehe. Im Nu versinkt diese auch schon in den Fluten. Was wird wohl Neptun damit machen ?
Während Werner und Giuseppe noch etwas Wichtiges zu erledigen haben – nämlich Bier punkern, füllen Toni und Reinhard die Wassertanks. Doch irgend etwas kann nicht mit rechten Dingen zugehen – es rinnt und rinnt und der Tank ist noch immer nicht voll ? Ist da vielleicht wo ein geheimes Loch ? Die beiden schauen tatsächlich nach, ob sich das Wasser im Schiffsinneren einen falschen Weg sucht. Aber es ist alles in Ordnung – unser Schiff hat einfach so große Tanks.
Inzwischen sind alle an Bord und um 10 Uhr 30 wird die Mooring fallen gelassen, werden die Festmacher gelöst und mit Motorkraft die Marina verlassen. Ein letzter Blick auf den Turm, dem wir gestern Abend einen Besuch abgestattet hatten, dann sind wir schon wieder auf offener See. Es bläst heute ordentlich (Windstärke 5 / Seegang 2-3). Wir setzen nur 3/4 der Genua und zischen mit 7 Knoten auf Halbwindkurs dahin. Die Sonne kommt wieder hinter den Wolken hervor und jeder fühlt sich puddelwohl. Vera meint, jetzt könnten wir eine Fernsehsendung machen – z. B. „Vera zu Mittag“, „Kochstudio mit Lore“, „Psychologische Fragen an Romana“ oder „Pädagogische Aspekte von Elisabeth“. Auch die Männer sind heute sehr ausgeglichen – wahrscheinlich, weil wieder genügend Bier an Bord ist.
Werner übergibt das Steuer an Reinhard, den gleich der volle Ehrgeiz packt. Der Skipper ordnet an: „Ganze Genua raus !“ und schon fahren wir bis zu 8,5 Knoten. Einen Mitbewerber nach dem anderen hängt unser Co-Skipper ab – Traumsegeln ! Die Mittagspause ist in Sicht. Wir bergen die Genua und steuern auf die südliche Bucht der Isoli di Nibani zu. Leider ist es dort zu unruhig, sodass wir abdrehen müssen und uns ein ruhigeres Plätzchen suchen. Wir finden es in der schönen Bucht Porto Liccia. Alle machen sich zum Abkühlen in karibischfarbenem Wasser bereit. Es ist wunderschön hier zu baden. Josef meinte auf einmal: „Hier ist das Wasser besonders warm !“ Warum wohl ? Während Reinhard noch länger im Wasser verweilt, beginnt Josef die herumschwimmenden Fische zu füttern. Im Nu ist er von einer Schar bunter Exemplare umgeben, die sich anschicken, unseren Co gleich anzuknappern. Kaum die Badeleiter heroben, wird schon kontrolliert, ob auch wirklich noch alles dran ist.
Bei schwächer werdendem Wind versuchen wir nun an der Ostküste raumschots zu segeln, doch bald wird er ganz schwach und wir rollen die Tücher weg. Mit der eisernen Genua geht es westlich der Insel Mortorio durch, dann weiter zum Capo Figari und östlich der Isola Tavolara (die wie der Tafelberg aus dem Wasser ragt) vorbei. Nach einem eher langen Tagesschlag (ca. 50 sm) legen wir um 20 Uhr 15 in der Marina Puntaldia an.
Wir bekommen einen Platz ganz vorne bei der Einfahrt nahe dem Molenfeuer zugeteilt, dafür wird unser Skipper mit dem Motorboot zum Hafenbüro gefahren. Zurück muss er den langen Weg zu Fuß gehen, da er sich „etwas“ über die zu hohen Marinagebühren (200 Euro) aufgeregt hatte. Uns haut es auch fast von den Socken, denn so viel zahlten wir nicht einmal letztes Jahr auf Capri. Auf diesen Schock hinauf leisten wir uns auch noch ein gutes Essen in einem feinen Lokal mit spitzenmäßiger Aussicht über Marina und Meer – „heit is eh scho wurscht !“. Am Nachhauseweg entdeckt Romana ein stehengelassenes Windlicht, das wir für den lauschigen Abend noch gut gebrauchen können. Bei einem guten Gläschen Wein an Bord unserer Agustina werden noch richtige Werbegespräche bezüglich Handstaubsauger geführt. Vera, wieviel Provision bekommst du dafür ? Ich sehe Reinhard schon beim Merkur, um so ein gutes Stück zu kaufen, denn so etwas ist ja wirklich praktisch, wenn Pauline (Romanas und Reinhards Katze) nicht ordentlich ins Kistchen macht. Ja, was man auf einem Schiff doch alles an guten Gesprächen führen kann, das hat sich heute wieder gezeigt.