…. oder eine Sommergeschichte 2014
aus dem LaBORAtorium der fallenden Winde
Texte und Bilder vom alten ANTE
Bereits im August 2003 hatten meine Frau Elisabeth und ich einmal den Fuß in den oberen Velebit-Kanal gesetzt und umrundeten anschließend die Insel Krk auf einer Bavaria 36 gegen den Uhrzeigersinn. Länger schon wollten wir auch die südlicheren Gefilde unter dem Küstengebirgszug erkunden, aber irgendwie verzögerte es sich. Jetzt, wo wir beide im Ruhestand sind, durfte es aber sein. Also charterten wir – dem reduzierten Einkommen angepasst – diesmal eine Bavaria 30, bewährterweise via Master Yachting Deutschland (da konnte ich zudem noch einen alten Kulanz-Gutschein einlösen) ab Sukosan. Vor dem Törn entschlossen sich unser jüngster Sohn Klemens und seine Freundin Carina zu einer Begleitung. Somit befüllten wir erst unseren kleinen Stuttgarter für die Anreise und nach Ankunft das Segelschiffchen IVA von Asta Yachting recht gut mit Personen und Gepäck. Im Zuge der Hinfahrt vom Innviertel nach Sukosan nahmen wir die Route über die Adriamagistrale, blickten dabei oft hinaus auf die kahlen Seiten der Inseln Krk, Rab und Pag, frühstückten in Starigrad am Eingang zum Paklenica-Nationalpark und überquerten vor einem Aussichtsstopp die Maslenica-Brücke mit Blick aufs Novigrader Meer. Ein Kurzbesuch der norddalmatinischen Metropole Zadar stimmte uns zusätzlich ins Revier ein und erlaubte uns später, diese am ersten Tag unserer Segelreise links (allerdings dann an Steuerbord) liegen lassen zu können. Eigentlich lief alles bestens: das Wetter heiß, die Prognosen passabel, Stützpunkt und Schiff OK – einzig eine ungesichert-saublöde Betonsteinkante in der staubigen und ewig niemals nie fertigen Marina Sukosan beschädigte beim Einparken die Bodenplatte unseres braven Lastenesels (das konnte man ohne Taucher feststellen). Schweißtreibend ist eine Schiffsübernahme im Sommer wohl fast immer. Gerne würde man sofort losstarten, aber die Formalitäten sind zu erledigen, das Zeug zu verräumen, die Versorgung sicherzustellen, das Schiff zu checken und die Crew einzuweisen – so ist es halt einmal, aber irgendwann sitzt man doch beim kühlen Bier, beim süffigen Wein, beim dalmatinischen Abendessen, dann noch einmal schlafen und schon geht es los.
Unser Ziel ganz grob: von Sukosan hinein zu den Gewässern am Velebit ! PS: Istok=Ost Jug=Süd Zapad=West Sjever=Nord
Sonntag, 3. August 2014: Sukosan ade – wir wollen nahe ran an den Velebit ….
Um 9 Uhr springt der Diesel unserer IVA (sh. Bild) an. Der Motorstundenzähler steht auf 3.787, die Gesamtlogge bei 17.627 Seemeilen. Ein paar Wolken zieren den Himmel, vorerst harmlos scheinend. Es hat 23°C und das Barometer zeigt 1019 hPa. Langsam schieben wir uns aus der doppelt mooringbeengten Fahrrinne zwischen Steg 6 und 5 ins freiere Wasser. Nach der Marinaausfahrt lassen wir die 18kW-Maschine (das sind eben mal 24 Pferde) mit 2.000 U/min den Zadarski Kanal hochziehen – da läuft der Motor ohne viel Vibration und die 9,3 Meter lange Bavaria mit rund 6 Knoten laut GPS. Erst 2,5 Stunden später – Zadar liegt reichlich achteraus und wir nähern uns dem Ende des Ravni Kotari – kommt guter Wind für eine Segelfahrt im gleichen Tempo. Gleichzeitig aber verzieht sich der Himmel hinter Ugljan und Dugi otok, Blitze beginnen vereinzelt zu zucken. Besorgt beobachten wir die Zugrichtung des sich zusammenbrauenden Gewitters und steuern beschleunigt Richtung Insel Vir. Um 13:30 haben wir das Nordende des flachen Eilandes gerundet und ankern für eine Mittagspause in der Bucht Radnjaca – freilich nicht sehr ruhig, denn das nach Osten triftende Unwetter schickt nun kräftig Wind und Welle aus dem Ninski Zaljev in den Kanal Nove Povljane, zu dem wir eher frei liegen. Dennoch, bis 15:20 gehen sich ein erster Badewassertest, Nudelratatouille, Kaffee und Kuchen locker aus. Nun ist der Himmel wieder aufgeklart, also auf in die Kapfahrt im Süden der Insel Pag – jetzt neuerlich mit Maschine, denn der Wind schläft nun wieder. Nach dem Flach am Südostende von Vir steuert unsere IVA kurz noch Richtung Nin, aber schon drehen wir beim Rt. Jasenovo in die Uvala Stara Povljana ein und runden später beim Leuchtfeuer Misjak zackig Richtung Ljubacki Zaljev. In der Lieblichen Bucht (oder heißt sie richtig übersetzt Liebesbucht) wollen wir für heute unsere Zelte aufschlagen. Dafür zielen wir erst zwischen den Inselchen Veli und Mali Sikavac bei immerhin 7 Metern Wassertiefe durch und steuern die Nebenbucht Vlasici an, da diese laut diversen Büchern den besseren Schutz verspricht.
Die romantische Bucht Vlasici an der Südostküste der Insel Pag beim Ljubacki Zaljev.
Um 17:45 Uhr liegen wir dort beim einzig möglichen Platz am Kopf einer kleinen Mole längsseits. Eine rundkräftig junge Bewohnerin der Insel Pag gibt uns in gutem Englisch die Erlaubnis: „No ferry, no fishing boat is coming tonight“. Die Zeit danach wird recht amüsant. Es ist ja Sonntag, da sind Strand und Mole von einheimischen Badegästen umschwirrt. Besonders eine lustige Kinderschar erfreut sich des warmen Wassers und eines will das andere an Sprungakrobatik überbieten. Ausgesprochen lebhaft gibt sich einer – er ist der Star in der Meute – und auch wir feuern ihn kräftig an, was ihn zu besonderen Leistungen anspornt. Übrigens – Ante ist sein Name und er schielt nun vor jedem Köpfler schon zu uns herüber, ob wir eh zuschauen. Den ersten Buchtenabend nützen wir noch für einen Spaziergang ins nahe Dorf und später sitzen wir bei Karlovacko Pivo und vorzüglicher Riesenpizza beim Terrassenwirt direkt am Strand. Geruhsamste Stille bringt uns durch die Nacht.
Montag, 4. August 2014: Es geht ins eingemachte Innere bis Obrovac und nach Novigrad ….
Der Wetterbericht kommt täglich per SMS und auch unser Internet-Hotspot am Schiff funktioniert bestens. Aladin über www.meteo.hr und das Master Yachting Service sagen noch knappe zwei windarme Tage voraus, danach steht etwas Fallwind an. Wir straffen planerisch unser Programm und wollen heute unsere wichtigsten Ziele ansteuern, um am Folgetag das heißere Boragebiet wieder verlassen zu können. Ab 08:00 genießen wir das herrlich klare Wasser, um 09:00 legen wir ab. Das Meer ruht in seiner Morgenstille und vor uns liegt in all seiner kargen Pracht die hochragende Straßenbrücke vom Festland zur Insel Pag.
Die Ljubacka vrata führt uns unter der Brücke – Most Fortica – in den Velebit-Kanal.
Von den 30 Metern Durchfahrtshöhe nutzen wir mit unserem Mast nicht einmal die Hälfte – spannend ist es trotzdem am Rt. Fortica. Das Velebit-Massiv steht wie eine Trutzmauer vor uns, Wolken zeigt es keine. Nach dem Schwenk ums Leuchtfeuer Tanka Nozica liegt der Velebit Kanal friedlicher als friedlich vor und hinter uns. Dieselgetrieben führt unser Weg Richtung Südosten. Schnellere Leichtmotorboote und Hydrojets überholen uns rasant. Bald lassen wir an Backbord die flachen Razanac-Inseln liegen, um 11:00 sind wir auf Höhe Starigrad und dahinter öffnet sich in einer gewaltigen Schlucht der Durchbruch der Velika Paklenica zum Meer. Den ursprünglich geplanten Besuch des Nationalparks lassen wir weg (das holen wir einmal von Land aus nach). Bei Seline zwängt sich dann auch noch der Fluss Mala Paklenica aus den Bergen heraus. Hier hat sich der Velebit Kanal ordentlich verengt, der Gebirgszug rückt ein wenig zurück, um sich aber weiter hinten mit dem Sveti Rok um so schroffer in Szene zu setzen. Um 11:45 stehen wir praktisch am Ende des Kanals. Wie weiter? Ein paar Seezeichen an Backbord weisen uns den Weg, ein mächtiger Graben tut sich auf – das Novsko Zdrilo, der Schlund zum Novigrader Meer. Bei unseren Bedingungen ist die Ein- und Durchfahrt kein Problem. Zwar zieht es ein wenig, aber das wird als Kühlung gerne angenommen. Schon passieren wir unter der Autobahnbrücke und gleich drauf sehen wir auch schon die Rote Maslenica der Landstraße über uns (seit 2005 neu erbaut, da im Jugoslawienkrieg die alte Brücke 1991 gesprengt wurde). Im Novigrader Meer machen wir eine kurze Bade- und Mittagsrast in der Uvala Salisce.
Um 13:15 ist es soweit – wir fahren in den grandiosen Canyon des Zrmanja-Flusses ein. Im Moment bleibt einem fast die Luft weg ob der gewaltigen Szenerie. Zwischen mächtigsten Felshängen sucht sich unsere IVA in glasklar smaragdem Wasser ihren Weg flussaufwärts. Die Strömung ist im Sommer kaum zu spüren. Sechs wunderbare Meilen tief ins Land hinein lassen dich staunen und versetzen dich in Karl-May-Romantik: Hier kämpfte Old Shatterhand und oben auf den Felsen starb im Film die wunderbare Marie Versini als Nscho-tschi in Winnetous Armen. Hast du damals auch geweint?
Die Zrmanja hat sich tief in den Karst hineingefressen und entlässt ihr Wasser ins Novigradsko more.
In Obrovac bei der Brücke der Hinterlandstraße (bevor es die Autobahn gab, da sind wir früher oft hier durchgefahren) ist es mit dem Segelboot zu Ende. Wir genehmigen uns ein kühles Pivo in einem schattigen Gastgarten gleich am Fluss, durchwandern ein paar Gassen und kaufen uns noch ein Eis. Der Charme der Titozeit ist aus den alten Häusern noch nicht gewichen und Investoren sind hier wohl kaum stehen geblieben, aber wir sind nicht des Ortes wegen hier – der Weg war das Ziel. Die sechs Meilen flussabwärts beeindrucken in neuem Licht. Nun steht die Sonne schon tiefer und die Schatten werden länger, die Fahrt dafür etwas kürzer, obwohl uns der Wind fallweise kräftig gegenan kommt.
Draußen auf dem Novigrader Meer ziehen wir die Tücher raus und Carina steuert der Sonne entgegen. Eine Wende, ein Holeschlag und ein Seitenwechsel zurück bringen uns unter Klemens‘ Zielgenauigkeit genau vor die Einfahrt zur namengebenden Stadt. Novigrad ist natürlich schon lange keine Neustadt mehr – eine alte Burgruine thront hoch über ihr und teils baufällige Häuser säumen einseitig den langen Wasserarm ins Land. Wir suchen vergeblich nach einem Liegeplatz im inneren Hafen und müssen im windigen Außenbereich anlegen. Besorgt machen zudem Angaben über unerwartet große Wasserstandsschwankungen, aber letztlich legt sich der Wind und auch der Pegel bleibt hoch genug für die berühmte Handbreite unter dem Kiel. Wir verholen uns nach einer Kaiwanderung in die lichten Höhen der alten Festung und genießen den Ausblick und später das schmackhafte Essen in der Konoba Mika, auch recht erhaben aussichtig auf einer Dachterrasse. Zurück beim Schiff sitzen wir noch gemütlich im Cockpit und vernichten ein paar Gläschen – heute den nussigen Orahovac (Obrovac gab’s nicht zu kaufen). Gleich neben uns – einige Plakate hatten es schon angekündigt – veranstaltet ein Wirt seinen Dalmatinski Vecer mit Livemusik. Wer länger wacht, schläft später gut. Novigrad bleibt als untouristischer, lebhafter und authentischer Ort in Erinnerung.
Dienstag, 5. August 2014: Die Wetterprognosen empfehlen die Flucht aus den Bora-Löchern ….
Der erste Blick aus der Schiffsluke reicht nicht weit und gibt sich recht undurchsichtig. Über dem Novigrader Meer hängt dichter Nebel. Beim Bäcker und am Markt versorgen wir uns noch mit guter Ware für’s Frühstück und dampfen dann ab. Bei scharfem Ausguck tasten wir uns bis zur Durchfahrt ins Karinsko More vor. Hier lichten sich die Nebelschwaden und die Enge zwischen den beiden Wasserflächen gibt sich recht romantisch. Im Kariner Meer werfen wir in der Nordbucht den Anker für ein Morgenbad ins Wasser und lassen uns das frische Brot, Kaffee, Tee, Prsut und sonnenreife Paradeiser schmecken. Hier könnte die Zeit stehen bleiben, aber die Wetterprognosen mahnen zur Eile. Plötzlich sind bis zu 7 Bft für den späten Nachmittag vorhergesagt. Also ziehen wir Leine bzw. die Kette hoch und zischen ab. Du kennst ja den Weg bereits: erst durch das Karinsko Zdrilo, dann quer übers Novigradsko More, nun kommt das Novsko Zdrilo mit den beiden Brücken, später der untere Velebitkanal (in K&k-Zeiten als Kanal Montana bekannt). Unser Ziel ist es, zumindest die Bora-neuralgische Stelle unter Most Fortica noch gut passieren zu können. Die Lubacka Vrata kann bei stärkeren Fallwinden unpassierbar werden und dann wären wir wie in einem Mauseloch gefangen und müssten in einem Schutzhafen (und die sind hier rar) auf Wetterbesserung warten. Unseren ursprünglichen Plan am Velebit Kanal aufwärts bis zur Stadt Pag zu fahren und später die Insel im Norden zu runden, den ließen wir beizeiten fallen, das Wetter war einfach zu wenig sicher.
Unsere Tagesroute ab Frühstück im Karinsko more bis zum Nachtplatz in Povljana – grob 35 Meilen.
Ab 13:15 braut sich südlich von uns wieder ein Gewitter zusammen und erste Blitze zucken durch die Wolken. Der Velebit zeigt seine berüchtigte Walze und bald darauf lässt der Windspeicher hinterm Gebirgszug seine ersten Böen überschwappen – LaBORAtorium der fallenden Winde. Wir setzen gut gerefft Groß und Genua an Backbord. Bei Windgeschwindigkeiten um die 20 Knoten – nicht zu arg böig – erreichen wir gegen 14 Uhr die Enge zwischen Pag und dem Festland, also die Lubacka Vrata. Schnell ziehen wir mit Motor unter der Brücke durch und zischen nun per raumen Antrieb in Segelkleidern durch die liebliche, aber schon gut böig eingewindete Bucht. Mit zunehmender Entfernung von den Berghängen des Velebitmassivs beruhigt sich der Wind merklich und entlang der Nordostseite von Vir muss bereits wieder die Eiserne Genua gestartet werden. Um 16:45 ist es der Fahrt genug für diesen Tag und wir parken uns in der Bucht von Povljana an der Südwestseite der Insel Pag gleich unter dem Ort in die Ankerbucht ein, weil an der Mole kein freier Platz zu finden ist. Das hat auch seinen Vorteil – wir können ungestört schwimmen, lesen, rasten. Um 19:30 legt ein großer Fischerkahn von der Mole ab und wir entscheiden uns für einen Wechsel dorthin. Allerdings befriedigt das Platzangebot nicht hundertprozentig: wird’s hier gut gehen, falls die Bora wieder kommt? Vorerst wandern wir entlang der Küste durch den unattraktiven Campingort, kaufen ein wenig ein und verrollen uns dann auf’s Schiff zum Abendessen – Carina und Klemens kochen heute Penne al tonno, echt gut. Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da: Ab und zu steh‘ ich auf und sehe nach dem Rechten, denn Seitenwind verzieht unser Schiff – wird der Anker dem Druck standhalten?
Mittwoch, 6. August 2014: Wir lassen uns vom Wind zu den Ferragostoanern blasen ….
Um 3 Uhr früh ist es soweit – der Anker hält trotz nachspannen nicht mehr. Also schleunigst die Leinen los, Anker auf und wieder hinaus in die Bucht. Nach etwas Manöverfahrt hängen wir am gut eingegrabenen Haken. Die Bora legt auf an die 30 Knoten zu und wir schwojen fallweise wild durch die Gegend. Einige an Bojen vertäute kleinere Motorboote sind weit genug entfernt. Vom Kabinenfenster aus sehe ich manchmal den Sternenhimmel durchwandern – es sind wiederholend dieselben Bilder, wir hängen gut und schlafen lange. Erst um 11:15, nach einem kühlen Morgenbad (nur Elisabeth und dann auch Klemens wollen es spüren) und einem ausgiebigen Frühstück, diesmal im Kellerraum, holen wir den Anker auf. Jetzt nutzen wir die Bora für eine ordentliche Segelfahrt. Flott ziehen wir hinaus ins Virsko More.
Die Welle wird spürbar mehr, ausreichend Schaumkronen umgeben uns. Bei Raumkreuz mit bis zu 8 Knoten nähern wir uns erfreulich schnell der anvisierten Durchfahrt zwischen Veli und Mali Tun, um danach Dugi otok anzusteuern.
An der Nordostseite der Langen Insel biegen wir in die kuschelige Dobra-Bucht ein. Die Gute gibt sich recht wellenruhig, so können wir problemlos baden und Carina rettet den ins Wasser gefallenen Edelstahltopf eines Nachbarn vor dem Absaufen. Das Besteck darf er sich selbst heraustauchen. Elisabeth kocht bekömmliche Kartoffelsuppe, um die etwas bora-rebellischen Mägen zu beruhigen, was bestens gelingt. Danach werden auch schon wieder Nusspalatschinken (palacinke s orahom) vertragen. Um 16:15 brechen wir auf. Unser Tageszielplan steht mit Bozaba, dem Hauptort des nördlichen Dugi otok. In einer Kurve nach Osten gehen wir nahe an Zverinac heran, checken dort das noch vorhandene freie Platzangebot und drehen dann Richtung Bozaba zurück. Schon bei der Einfahrt in die Bucht kommt uns ein Schiff mit außenhängenden Fendern entgegen – kein gutes Zeichen. Nahe des Wellenbrechers werden wir bereits abgewunken: Alles voll mit Italienern – Ferragosto lässt grüßen. Schnell dampfen wir nach Zverinac zurück und zwängen uns dort zwischen einem Motorkahn und eine Segelyacht – übrigens das erste Mooring-Handling für Klemens. Der Hafenmeister spricht uns schon automatisch auf Italienisch an, obwohl wir unter kroatischer Flagge fahren und vor allem auch den YCBS-Stander an Backbord gesetzt haben. Kennt er den Yachtclub Braunau-Simbach nicht? Deutsch kann er nicht palavern, aber Englisch und etwas Kroatisch geht gut. Wir bedanken uns mit Hvala lijepa und einem Malo Pivo bei ihm für die Platzzuweisung – es ist unser letztes Stiegl-Bier, nun ist es weg und es gibt ab sofort ausschließlich Karlovacko oder Ozujsko – auch tadellos. Was uns der gute Mann dafür verrät: Falls wir essen gehen möchten, dann müssten wir schnell einen Tisch sichern. Es gäbe nur ein Gasthaus und das wäre beizeiten voll. Also folgen wir seinem Rat. Carina und Klemens erledigen das und kommen umgehend mit einer Speisekarte zurück – Reservierung nur mit Vorbestellung.
Es bleibt nun noch Zeit für eine Wasserkühlung bzw. einen Spaziergang. Bei letzterem finde/stehle ich zwei köstliche erste reife Feigen in einem Hausgarten, bisher hatten wir nur viele grüne gesehen. Später klappt dann auch alles bestens. Wir werden schnell und gut bewirtet, obwohl wir keine Italiener sind.
Donnerstag, 7. August 2014: Segelwind mit ein paar Trainingsrunden für die Jugend ….
Zverinac ist ein noch recht uriges Dorf. Die Hafenanlagen sind verhältnismäßig groß ausgefallen, wobei diese im Wildwuchs ohne Gesamtplanung entstanden sein dürften – hier was draufflicken, dort was anhängen usw. Neben dem einen Wirt gibt es auch einen kleinen Laden mit einer äußerst kratzbürstigen Verkäuferin. Gestern war das Brot schon aus und heute soll es um 10 Uhr eines geben, da werde auch das Geschäft wieder aufgesperrt. Wir haben also am Morgen viel Zeit. Während die Jugend noch schläft, wandern Elisabeth und ich einen langsam schmäler werdenden Küstenweg einige Buchten nach Nordwesten. Herrlich duftende Macchia, speziell in voller Blüte stehender Rosmarin, säumt den erst noch betonierten, später steinigen und unter den Pinien nadelweichen Pfad. Ein kleiner Weinberg mit reifen Trauben reizt zum Verkosten. Letzte Rohbauten lassen wir zurück. Eine Frau schwimmt nackt im glasklaren Wasser. Immer wieder zweigen Niedergänge zum Meer ab. Langsam verkommt der Weg im näher rückenden Gebüsch. Wir steigen hinab zu einer felsigen Plattform und genießen hinausschwimmend den traumhaften Morgen. Zurück im Ort, in der Annahme, dass es nun 10 Uhr wäre, betreten wir das kleine Geschäft. Schon jagt uns die Ladengöttin fauchend wieder bei der Tür hinaus: „Pet minute“ – es ist erst 5 vor 10. Um 10 Uhr gibt es dann kein Brot mehr. Na gut, dann essen wir halt doch das alte. Um 10:45 starten wir bei leichten Winden aus Nordwest. Wir lassen Zverinac zurück und Sestrunj an Backbord liegen.
Nördlich von Iz nützen wir die zarte Brise von rund 10 Knoten für ein paar Segelmanöver. Die Vorgabe ist, einen Achter als Track auf den GPS-Plotter zu zeichnen. Ich steuere, Klemens und Carina stellen die Segel dazu ein, Elisabeth überwacht alles mit scharfem Lehrerinnenblick. Diese Übung vermittelt recht gut die Notwendigkeit einer dauernden Segelanpassung. Wir meistern mit etwas Verzögerung den doppelten 360er, wenngleich die entstandene Acht nach einem dreijährigen Schreiber aussieht. Unser Mittagsziel heute ist die Uvala Prtljug an der nahen Ugljan-Küste. Dort ist es wegen der Flachheit der Landumgebung zwar etwas zugig, aber immerhin kennen wir die Bucht nun auch. Zwei Stunden verbringen wir hier mit einer schönen Reihe anderer Ankerlieger. Draußen im Srednji und Izki Kanal brausen laufend Motorboote durch und Yachten ziehen ihre Bahn. Wir müssen uns erst an das lebhafte Treiben gewöhnen – drinnen im Velebit-Revier ist uns ein einziger Segler begegnet. Bis 17 Uhr treiben wir gemütlich Richtung südliches Dugi otok, dann starten wir den Motor dazu, weil wir Angst haben, dass in Sali wieder kein Platz sein könnte – aber der Hafen ist doch groß. Nach 18 Uhr kreisen wir dort ein wenig ratlos herum und legen uns schließlich an eine funkelnagelneue FIRST 47.7 seitlich drauf. Andere Yachten kommen herein und müssen wieder abfahren. Leider muss auch unsere reizvolle Anliegerin weg, aber der Marinero weist uns – ihm und allen Meeresgöttern sei Dank – eine letzte Nische nahe der Bar MARITIMO (die YCBS-Cupler vom April 2014 kennen sie alle) zu. Nach unseren ersten 100 Kuna in Zverinac wird nun etwas mehr Liegegebühr fällig, diesmal sind es ungerundet 297 kroatische Marder oder ca. 40 Euro. Dafür gibt es nun Frischwasser, Landstrom und sanitäre Einrichtungen inklusive, welche wir alle nutzen. Fürs Abendessen erinnern wir uns an das Hotel-Restoran Bocac oben am Scheitel zwischen den beiden Sali-Buchten und reservieren uns einen Tisch. Der sehr freundliche Konobar empfiehlt heute Peka – gegartes Fleisch von Kalb und Lamm und Kartoffel aus der Pfanne, dazu Ajvar, gehackte Zwiebel und Mesana salata. Ab 20:15 genießen wir dort zweifellos unser bestes Abendessen bei diesem Törn: 2x Peka, 1x Mixed Grill und 1x Fisch – alle Gerichte begeistern, Peka besonders. Ein sehr empfehlenswerter Rück-Spazierweg, erst hinunter zur Nordwestbucht (Uvala Sascica), dann entlang der Küste zu Hafen und Schiff beschließt den erfreulichen Abend.
Freitag, 8. August 2014: Die Zdrelac-Passage ist nicht tabu – gut zurück in Sukosan ….
Um 3 Uhr früh werde ich wach – keine Angst, kein Ankermanöver, keine Bora, kein Laut von der nahen Bar mehr, nur zu viel Bier getrunken. Der nächste Aufwacher ist erst um dreiviertelneun. Eine Stunde später wird es schon recht heiß und wir fliehen nach kurzem Einkauf zur Südbucht der benachbarten Insel Lavdara.
Sali auf Dugi otok ist immer wieder einen Besuch wert – fast hätten wir keinen Platz bekommen.
Bei zwar nicht bestem Ankergrund und viel Tiefe, aber sehr gefälliger Umgebung samt lockerem Blick zum Meeresboden auf 10 Meter, nutzen wir schwimmend das sonnenreiche Wetter. Eine eigenartige Versammlungsstätte mit vielen wuchtigen Tischen und Bänken regt uns zu einem Landgang an, aber keinerlei Hinweise verraten uns den Zweck bzw. die Betreiber-Organisation. Welch Superplatz für ein Strandfest – so einen sollte der YCBS haben. Um 11:30 beenden wir die Vormittagssiesta und steuern Richtung Durchfahrt zwischen Ugljan und Pasman. Ich gehe davon aus, dass wir unter der inselnverbindenden Brücke mit 16,5 Metern Durchfahrtshöhe auch locker drunterpassen. Leider hatte ich vergessen die exakte Masthöhe zu erfragen und in den Schiffspapieren gibt es auch keinen Hinweis auf diese. Natürlich kenne ich die Aufkleber auf größeren Schiffen mit durchgestrichener Brücke und NO ZRELAC. Geschätzt sollte unser Mast jedenfalls niedrig genug sein und der Warnhinweis fehlt auch. Da wir ausreichend Zeit haben, vermessen wir doch sicherheitshalber unter Zuhilfenahme eines langen Festmachers und des Spifalls unseren Aufbau und kommen auf ca. 14 Meter, also alles paletti. Klemens macht dann die Probe aufs Exempel und steuert dabei recht vorsichtig an den Most (die Brücke ist im Kroatischen männlich – der Most bei uns auch) im engen Prolaz Zdrelac heran. Einige kamerabewaffnete Touristen erwarten uns schon am Ufer, aber nichts passiert – wir schlüpfen locker durch. Jetzt ist noch ausreichend Zeit für Mittag und Nachmittag, denn die Marina Sukosan ist ja nur mehr einen Katzensprung (sofern diese 3 Meilen springen kann) entfernt. Also biegen wir gleich hinter der Passage in die Erweiterung und ankern mit einer Reihe anderer Pausierer. Hier verkocht Elisabeth unsere Vorratsreste zu einem leckeren Tiroler Gröschtl, Kaffee gibt’s auch, letztes Schwimmen darf sein, die Schlussseiten der mitgebrachten Bücher gehen sich auch noch gerade aus: Klemens kämpfte mit „Herr der Ringe“ im Teil 2, Carina schmökert sich durch „Die Liebermann-Papiere“ und Elisabeth muss „Leben lassen“ zu Ende bringen. Nicht zu spät brechen wir unsere Zelte ab, um nicht ewig wartend an der Tankstelle verweilen zu müssen. Gleich bei der Einfahrt der Marina Sukosan füllen wir unseren Tank mit 38 Liter Diesel auf – bei 27 Motorstunden ergibt das einen Verbrauch von 1,4 L/h, sowas nennt man sparsam. Dank unserer zeitigen Rückkehr ist die Einfahrt zur Heimatmole noch recht mooringfrei, bald hängen wir wieder am angestammten Platz beim Asta-Stützpunkt am Steg 6. Das Outchecking erfolgt professionell schnell. Noch am späteren Nachmittag verladen wir weitgehend unser Gepäck im Auto. Später sitzen wir für ein Abschlussessen (das übernehmen diesmal Carina und Klemens als Dankeschön) im Marinarestaurant und lassen uns bei diesem Törn noch einmal die kulinarischen Besonderheiten schmecken: Oktopussalat, dalmatinischen Schinken und Käse von der Insel Pag als Vorspeisen, Fisch, Fleisch usw., Bier und Wein nicht zu vergessen.
Nun sind wir alle wieder gut daheim und natürlich um ein paar Erlebnisse reicher. Ich bedanke mich herzlich bei meiner sehr interessierten Crew für die tatkräftige Beteiligung am Törnverlauf. Rund 200 Seemeilen waren bei Rundung der Insel Pag im Norden geplant gewesen, so sind es 169 geworden. Traurig sind wir deshalb nicht, im Gegenteil, wir sind froh, dass sich der Besuch des interessanteren unteren Velebit-Gebiets so hat machen lassen. Am Samstag um 5 Uhr früh traten wir den Rückweg über die kroatische Autobahn an, schon hell, und bei der Auffahrt zum Sveti Rok blickten wir immer wieder hinaus in „unser“ Revier: die Maslenica, die Durchbrüche zum Novigrader und Kariner Meer, der Velebit-Kanal hinauf zur Insel Pag und zum Nationalpark Starigrad-Paklenica, der Zrmanja-Canyon – alle sind uns ein wenig vertraut geworden, aber, um ehrlich zu sein, Respekt haben sie uns auch eingeflößt. Dovidenja Dalmacija !
Zum Abschluss die gesamte Wochen-Route in roter und grüner Linie:
Mitte August 2014 eingewebt by ANTE !