Querschnitte einer Küstenfahrt am oberen Ende der Adria
Es ist ein kleiner Band, der mich inspirierte – wozu ? – zu diesem Törn, zu dieser Küstenfahrt am obersten Oberzipfel der Adria. Hans Kitzmüller nennt seine dichterisch gefassten Eindrücke vom Triester Golf im Titel „Portulan der Gefühle“ – Eine Geschichte aus dem Küstenland (Styria / ISBN 3-222-12374-8), und diese gefühlvolle Küste, dieses abwechslungsreiche Land wollte ich sehen, durchfahren, erleben, spüren, mich von ihr (der Küste), von ihm (dem Land) berühren lassen.
Es fand sich in der Folge eine 6-köpfige Runde – jeder daraus mit durchschnittlich einer Null hinter der Teilnehmerzahl fürs Alter, alle also um die Sechzig, alle männlich, alle grau bis weiß oder durchwachsenen Hauptes über dem Halsansatz, aber doch jung geblieben in der Seele. Der Übertitel für diesen Törn leitet sich daraus ab: „Jungherrenfrühling“ (als Gegenstück zum Altweibersommer). Basis für die Crewzusammensetzung war ursprünglich der seniorige EDV-Stammtisch einer „kleineren“ Firma am Standort Ranshofen, welche sich dann aber, nicht zum Nachteil, etwas breiter entwickelte.
Der Törn wurde im Planungsansatz bewusst nicht sportlich, sondern beschaulich gemütlich konzipiert. Es sollte eine Rundreise entlang des Küstenlandes der oberen Adria werden. Die Besichtigung der Orte stand oben auf der Wunschliste, aber auch an ein paar flotten Schlägen sollte die Sache nicht scheitern.
Im Resümee ist uns ein netter Törn gelungen – eine schöne Mischung aus Wasser- und Bade-Urlaub, Besichtigungen, Blödeleien und viel Spaß. Viele halten die oberste Adria für ein unattraktives Revier und fahren daran vorbei – ich meine nach diesem Törn, dass „Warum in die Ferne schweifen ?“ eine berechtigte Frage ist – zumindest für eine Fahrt. Aber das Urteil solltest du dir als Leser meines Törnberichtes selber bilden. Wenn du an unserer Reise gefallen findest, dann mach die Route doch ganz einfach einmal selbst. Nur empfehlen kann sie dir
Toni Herzog
Die Crew (von rechts nach links):
Franz Springer – Trimmer & Klarwasserschwimmer
Peter Krebs – Smutje, Musikus & Neptun persönlich
Anton Herzog – Organisator & Schiffsführer
Werner Zarl – Co-Skipper & Bus-Meister
Roman Schwarzenbacher – Steuer- & Foto-Mann
Burghard Gatterbauer – Zahlmeister & Vollmatrose
……………….
Die Route:
Portoroz – Piran – Koper – Muggia – Triest – Duino – Monfalcone – Isonzo-Mündung – Grado – Porto Buso – Tagliamento-Mündung – Caorle – Izola – Portoroz
Samstag, 11. Juni 2005 (Anreise und Besuch in Piran):
Wir starten am frühen Vormittag per VW-Bus in Braunau am Inn und testen über Villach ab Laibach die neue slowenische Autobahn bis Koper. Werner fährt professionell und zügig. Punkt 16 Uhr liegt das Marina-Tor von Portoroz recht voraus und unser Schiff, eine Sun Odyssey 43 DS namens „SCHLOSS ORT“ (sind wir am falschen See gelandet ?) dwars am Kai. Die üblichen Tätigkeiten zur Schiffsübernahme laufen problemlos ab (Simon von Jonathan Yachting macht das kompetent und effizient für Allegra-Sailing/H.P.Rothauer). Bald sind die Kojen und Schabs mit Reisekram belegt und Peter, unser Smutje, befüllt – fast zu gut sortiert (das ergab eine Bauchumfangsmessung bei Törnende) – alle Räume der Kombüse und auch die G’wölb unter den Bodenbrettern mit Heimischem und Dortigem.
Für den Abend ist ein Besuch im nahen Piran vorgesehen. Dieses mittelalterlich-venezianisch geprägte Küstenstädtchen erfreut das Herz bei jedem Besuch. Zwar ist heute der Himmel etwas verzogen und die Sicht nicht klar, dennoch schlendern wir – vorbei am Tartini-Denkmal und unter dem Eckbalkon des „Roten Palazzo“ hindurch – hinauf zur neu renovierten Georgskirche. Später wandern wir durch die engen Gassen der Halbinsel Punta – eine Bierrunde zwischendurch spendet eine Taverna – bis zum Rt. Madona. Bei den Drei Witwen gibt’s dann ein nettes Abendessen mit maritimen Zutaten. Frische Witze, spez. von Peter und Franz wandern von Ohr zu Ohr und Burghard besteht seine Feuertaufe als Zahlmeister: „Verdammtes Tolar-Zeug, warum haben die noch keine Euros?“. Zurück am Schiff klingt der Abend gemütlich im Cockpit aus – bei Rotwein und Peters ersten Songs mit Saitenspiel – Katharina, so nennt er die Gitarre und die Lieder sind vom Meer.
Sonntag, 12. Juni 2005 (von Portoroz nach Koper):
Der Smut eröffnet die Schiffskombüse mit einem kräftigen Frühstück. Danach macht sich der Skipper noch etwas wichtig (Schiffs- und Ausrüstungserklärungen – spez. für unseren Bordneuling Burghard), aber doch noch am Vormittag verlassen wir Portoroz, setzen die Segel für einen Check und für einen Erst-Schlag hinaus in die obere Adria. Diesmal lacht uns Piran von der Meerseite zu und wir holen bei gutem Wind die Segel dichter. Lage ist angesagt. Die Seeventile zu ! Freude zieht in die Seemannsherzen (gleich nach dem Manöverschluck).
Mit Franz am Steuer (er heißt Springer) schlagen wir vergnügte Haken (Wenden nennt man sie auch) wie die jungen Hasen, um uns später in der Strunjan-Bucht für Mittag bei Selchroller und „Kartoffelpü“ am Anker hängend auszuruhen. Erste Schwimmversuche ergeben, dass das Wasser doch nicht ganz so kurz macht, wie wir es uns zunächst vorstellen.
Strandwanderinnen winken uns zu und wippen mit den Hüften, denn Peter macht es diesmal mit dem Banjo – „Sing ein Lied, sing ein Lied, little Banjo-Boy – Banjo-Boy – Banjo-Boy … „.
Nach einer Izola-Marina-Runde – Burghard steuert den Kahn (Kunststück für einen Profi-Fahrer) – liegt bald auch Koper, unser Abendziel vor uns. Die größte Hafenstadt Sloweniens ist mächtig am erweitern, nur die Marina ist eng und belegt. Niemand kümmert sich um uns und uns kümmert es nicht, den letzten brauchbaren freien Platz gleich bei der Ausfahrt zu schnappen. Wir steigen hinauf zum Zentrum der alten Salinienstadt. Am Hauptplatz Titov trg besuchen wir den Dom Mariä Himmelfahrt und bewundern den Prätorenpalast. Der Abend ist warm geworden. Ein zarter Hauch von Jasmin liegt in der Luft. Alt-Koper scheint am Sonntag ausgestorben, erst in Hafennähe finden wir eine Durst stillende Gostilna. Ein Istrabitter auf der Terrasse des Marinarestaurants schmeckt für manchen von uns gewöhnungsbedürftig – dennoch, die Leichtigkeit des Seins hat uns eingeholt. Nach dem Essen sitzen wir am Wellenbrecher und Peter (alias Papa Pelinkovac – aber das ist eine andere Geschichte) entlockt sogar dem strengen Marinawächter nächtens ein lobendes „Dobro“ für sein Spiel.
Montag, 13. Juni 2005 (von Koper nach Triest):
Noch hat die Uhr nicht sieben Mal geschlagen, da sind wir schon über alle Berge bzw. am Handelshafen vorbei über den Koprski zaliv hinweg geglitten. Wir wollen das Frühstück in der Uvala Sv. Jemej (Bucht S. Bartolomeo) zubereiten, ein wenig schwimmen und dann unser Schiff von Weiß-Blau-Rot auf Grün-Weiß-Rot umschmücken. Zu k.u.k.-Zeiten befand sich hier der Quarantänehafen für Triest mit einem Lazarett. Heute steht ein Grenzübergangsgebäude dort, aber diesem sind die Tage auch schon abgezählt, denn Schengen lässt bald grüßen.
Wir machen es uns extralight – eine Empfehlung vom Stützpunkt – und huschen zwischen den Schwimmkörpern einer Muschelzuchtanlage (einmal kurz im Retourgang, weil es uns zu flach wird) von Slowenien hinüber nach Italien.
Vorbei an einem weißen Obelisken für die frühere Meilenmessung, vorbei am großen Wellenbrecher vor Triest steuern wir hinein in die Baia di Muggia. Die noch nicht alte Marina Porto San Rocco lassen wir an Steuerbord liegen, denn unser Mittagziel ist der Hafen Mandracchio, wo wir schließlich zwar nicht übermäßig ruhig, aber doch geräumig frei innen längsseits an der Außenmole liegen. Beim Mittagsläuten entzückt uns bereits der Kern der quirligen alten Stadt Muggia, erst die vielen Fischerboote, dann die netten Bauten und zuletzt ein kühles Bier. Es ist affig schwül geworden, Kumulus-Türme ragen hoch in den Himmel und noch ehe eine Halbe um ist, fallen schon die ersten Tropfen und schließlich kommt es kübelweise runter. Eine Hausdurchfahrt erspart uns eine ungewollte Dusche, aber dann ist die Luft wieder rein und wir munter genug für einen Anstieg auf die Burg. Nach einem erfrischenden Thunfischsalat – ausgesucht auf Peters abwaschbarer Speisekarte – legen wir bei recht hohem Wasserstand (fast wär‘ uns der Kai versunken) mit einem gewaschenen Schiff in Muggia ab.
In kleinem Bogen sichten wir das Nordost-Ende der Adria und drehen uns entlang der imposanten Industrieanlagen hin zum Zentrum von Triest. Zwar gibt es ausreichend Wind zum Segeln, aber wir sind satt und nur zum Schauen aufgelegt, so lassen wir die eiserne Genua für uns arbeiten. Im Hinterland haben sich die sanften Hügel erst in flaches Land und dann in karstigen Fels gewandelt. Um 16 Uhr biegen wir beim Leuchtturm Lanterna in die Marina S. Giusto ein. Unser Platz gleich hinter dem Aquario (dieses wird gerade general-renoviert) könnte leiser sein und vor allem billiger (Euro 61,- exkl. Strom), aber wir wollen die nördlichste Großhafenstadt der Adria ein wenig erkunden. Bald tauchen wir ein – auf Schritt und Tritt begegnen wir österreichischer Geschichte (seit 1382 Habsburgisch und bis 1919 von Wien aus bestimmt). Am Piazza dell‘ Unita d’Italia bewundern wir die Pallazzi-Prunkbauten Comunale, Governo, della Regione, Lloyd Triestino und andere auf weiteren Plätzen. Oben am Festungshügel gefällt besonders die Basilika San Giusto (dem Hl. Justus geweiht) und natürlich der abendliche Blick über die prächtige Stadt hinaus auf den Golf. Nach dem Abstieg – Roman durchschreitet „sein“ Teatro Romano stolz – streifen wir noch am Canal Grande entlang und kehren schließlich hungrig im Buffet „Da Pepi“ ein (Buffets sind eine kulinarisch-urige Besonderheit Triests). Die beiden Fleischplatten gehen weg wie warme Semmeln und Burghard zeigt seine Begeisterung durch ein nettes Trinkgeld an den Kellner. Beim nächtlichen Rückweg zum Schiff machen wir noch einmal Rast bei Franz‘ Lieblings-Eisdiele (er ist ein echtes Schleckermäulchen) und Peter ist entzückt, hatte er doch beim Hinweg schon ein bis zwei Augen beim Anblick der Kellnerin verdreht. Seine Liebesweisen kann er leider erst beim Schiff zurück erklingen lassen, wo Gitarre und Banjo diesmal sanfter klingen und vielleicht ein wenig klagen.
Dienstag, 14. Juni 2005 (von Triest nach Monfalcone):
Eine demokratisch 1-stimmige Entscheidung (Franz mag keinen Baulärm am Frühstückstisch) bringt wiederum einen Ableger bei leerem Magen. Der Kunde ist König, denkt der Skipper und blättert schon in seinen Handbüchern nach einer stillen Morgenbucht. Dann tuckern wir nordwestlich drehend von Triest davon. Spinnenkräne a la Startrack, der alte Leuchtturm Vittorio und der kleine Hafen Barcola (Namensgeber für die berühmte Regatta Barcolana jedes Jahr im Oktober) ziehen vorbei und dann wird vor uns ein heller Flecken immer klarer. Erzherzog Maximilian wär‘ wohl besser hier geblieben, in seinem Schlosse, anstatt in Mexiko als Kaiser hinzusterben. Gleich hinter Miramare, nach der Einfahrt zur kleinen Marina Grignano werfen wir nicht allzu weit vom Ufer unseren Anker in die gerade dort noch fischzuchtfreie Bucht. Für eine etwas spätere Frühstückspause finden wir hier alles: einen vollen Kühlschrank, reine Luft und schwimmbar frisches Wasser. Zuletzt steigt auch noch Neptun aus den Fluten (Krebs heißt er dazu passend mit Nachnamen), um unseren Bordneuling (Jüngling wäre übertrieben) nach reiflicher Prüfung seiner Eignung zum Vollmatrosen zu taufen. Dass ausgerechnet Smutje und Neptun in Personalunion auftreten, das macht den Tauftrunk nicht gerade feiner. So hat Täufling Burghard seine liebe Not beim Schlucken.
Die weitere Route entlang des Karsts ist romantisch schön. Recht dicht unter Land fahrend – außen scheint das Meer mit Zuchtanlagen zugesponnen – wird der Blick frei auf schicke Villen, herrliche Gärten mit seltener, prächtiger Vegetation, Weinberge, kleine Häfen und Orte. Santa Croce liegt in voller Stille da, später passieren wir Sistiana und oben sehen wir zu Eisenbahn- und Straßentrasse auch den Rilke-Wanderweg. Vor uns taucht das Schloss Duino der Thurn und Taxis‘ auf, dort wo 1914 Rainer Maria Rilke seine Duineser Elegien schrieb, dort wo sich der Sage nach eine junge Frau einer unglücklichen Liebe wegen vom weißen Karstfels stürzte und in mondhellen Nächten als „Dama bianca“ klagend aus den Fluten steigt. Unsere Fahrt wechselt vom romantischen mehr zum vorsichtigen hin. Die Einfahrt in den Hafen des kleinen Fischerdorfes Duino ist flach und es gibt nur einen Platz für unseren Tiefgang von 2,2 Metern, der in der Einfahrt. Aber er ist frei, wenngleich dort das Anlegen verboten ist (No Docking!). Gleich auf der anderen Seite steht ein Polizeiauto und die Bullen sitzen gut sichtbar im anschließenden Restaurant. Wir bleiben cool und machen Mittagsrast für eine gute Stunde, nur Peter schwitzt am Herd.
Erste Regentropfen fallen, also auf nach Monfalcone, denn dort wollen wir nächtigen. Wie auf rohen Eiern tasten wir uns durch eine flache Abkürzung zwischen Muschelzuchtanlagen hin zum ausgebaggerten Einfahrtskanal. Nun ist es vorbei mit den Karstbergen und vor uns liegt das flache Wasser mit den Dalben und dahinter fast ebenso flach das Land. Jetzt aber gibt der Regen Vollgas und wir brauchen dringend unser Ölzeug für die Einfahrt zur Marina Hanibal. Bald liegen wir dort gut vertäut und freuen uns, denn eine Nacht ist kostenfrei (das relativiert die teure Sache in Triest ein wenig). Während Smutje-Peter mit Burghard, Franz und Roman einkaufen fahren (Regen und Entfernung sprechen für ein Taxi), köpft das Skipper-Duo Werner und Toni eine Flasche slowenischen Restwein (einen Jeruzalem) zur Verkürzung der Wartezeit. Aber dann, dann gibt es Spezial-Gulasch aus der Bord-Kanone und ich glaube Erdbeeren, zwar nicht die wilden, aber die von Roman lang ersehnten (oder gab es die schon früher?). Jedenfalls, der Abend ist gerettet, wir haben wieder ausreichend zu Essen und zu Saugen – und die Gelsen auch.
Mittwoch, 15. Juni 2005 (von Monfalcone nach Grado):
Monfalcone liegt an der obersten Ecke der Adria und ist wegen seiner Schiffsbauindustrie bekannt. Riesenschiffe wie die Vulcania und die Saturnia liefen hier vom Stapel. Bei unserer Ansteuerung passieren wir ein mächtiges Kreuzfahrtsschiff im Regen und heute morgens – es ist alles Graue weggeblasen – steht es hell beschienen von der Sonne, übermächtig da. Hier brauchen wir keine Ausfahrt vor dem Frühstück, hier lacht der junge Morgen strahlend schön. Um halbelf legen wir ab. Wir lösen die Leinen vom Schwimmsteg an Heck und Steuerbord und Roman steuert den Kahn aus der Marina. Wir schauen und sind frohen Mutes, doch da, da gellt ein Schrei hinein in diese wunderbare Stille: „Nemmt’s mi a mit !“ tönt es herzzerreißend und Burghard fuchtelt wild mit beiden Armen hinter uns am Steg. Ach du verdammter Scheibenkleister, da hatten wir gedacht, er würd‘ mit warmem Wasser grad das Kaffeegeschirr bearbeiten (weil er das immer sehr, sehr fleißig für uns tat), aber nein, war wohl ein and’rer heißer Strahl der sanitären Art gefällig gewesen.
Natürlich ist die Crew wieder komplett, als wir die Ausfahrt von Monfalcone ansteuern. Nach Süden durchfahren wir die Bucht von Panzano und passieren die Pta. Sdobba. Hier an der Isonzo-Mündung ist es angebracht, für ein kurzes Gedenken an die vielen Toten aus dem 1. Weltkrieg inne zu halten – das Blut, das dieses Wasser einst im Oberlauf hat rot gefärbt, was hat es Sinn gemacht ?
Nun gibt es wieder schönen Wind für eine Segeleinlage. Wir wechseln auf unterschiedliche Büge und Steuermänner. Erst um 14.30 pausieren wir an der Banco Mula di Muggia (das große Flachwasser südöstlich von Grado) für ein Bad und eine Stärkung (wenn ich nur wüsste, wie Peters Fleischlaberl auf Italienisch heißen).
Nun wird es aber Zeit für die Einfahrt nach Grado. Wir haben zum Glück noch Vorsaison, da wird es wohl nicht zu spät sein für den Stadthafen. Die Ansteuerung ist natürlich für jeden, der Grado erstmals vom Meer aus besucht, immer spannend. Ein Blick auf den Tidenkalender stimmt hoffnungsfroh, die Gezeit passt, der Pegel steht hoch. Der Kanal in den Stadthafen ist ein von Fischerbooten gesäumter Traum, diesmal auch noch von prächtig blühenden Malven geschmückt. Es gibt kein Platzproblem und Werner hat das Steuer für das Bojenmanöver fest im Griff.
Vom romantischen Liegeplatz im Altstadthafen aus erkunden wir später den bekannten Lagunen-Fischerort mit Kirchen, engen Gassen und sitzen zuletzt in einem maritimen Restaurant für ein abendliches Essen. Diesmal kramt Peter nach der Rückkehr zum Schiff wieder einmal in seinem musikalischen Schatzkästchen und zieht damit allerhand Zuhörer von den Nachbarschiffen und von der Straße in seinen Bann. Grado bleibt in bester Erinnerung.
Donnerstag, 16. Juni 2005 (von Grado nach Caorle):
Heute sind die Bordbewohner etwas früher auf den Beinen, aber dann treffen sich doch alle zum gemeinsamen Frühstück am Schiff. Wir sitzen dabei im Cockpit und lassen nebenbei die erwachte Stadt auf uns einwirken. Allerhand hübsche „Ohren“ kommen von links und von rechts an uns vorbei – rassige italienische und sonnenversengte touristische – grad so, als hätten sie nichts anderes zu tun, als Männeraugen zu steuern. Ich mach‘ mich anschließend für einige nette digitale Schnappschüsse noch ein wenig fotografisch auf die Socken, gucke dabei den Fischern in die Netze und Kübel und derweil steuert Werner unser Schiff aus dem Hafen und nimmt mich über einen Fischerkutter im Kanal später auf – Ciao Grado !
Eigentlich möchte ich als Abwechslungsprogramm innen durch die Lagune bis nach Porto Buso schippern, aber drei Dinge sprechen dagegen: a) unser Tiefgang b) gerade Niedrigwasser c) eine warnende Aussage vom Schiffsnachbarn in Grado. So machen wir als Alternative zwei Schnupperfahrten. Die erste führt uns hinein in die Laguna di Grado bis zur Gabelung Aquileia / Porto Buso und die zweite von der Meerseite dann, bei Porto Buso selbst, ganz kurz hinein in die Laguna di Marano. Dass diese Entscheidung richtig war, das zeigt uns dabei ein zwar sanfter, aber immerhin echter Schlicksteher an einer Stelle, wo eigentlich kein Problem sein sollte. Franz zieht uns aber nach einer kurzen Gewichtsverlagerung wieder anstandslos aus der Sch…. . Die Lagune selbst zeigt sich von der schönsten Seite. Allerhand Vögel tummeln sich im Wasser, auf Sandbänken, Nehrungen und Salzwiesen. Zahllose, manchmal mit Fischerhütten bebaute Inseln liegen in dieser reizvollen amphibischen Welt. Porto Buso, so sagt das k.u.k. Segelhandbuch der Adria aus 1906, war die Grenze zwischen Österreich-Ungarn und dem Königreich Italien. Heute, rund hundert Jahre später, sind von den damals vorhandenen italienischen Kasernengebäuden und dem österreichischen Zollhaus kaum mehr Reste auszumachen, aber historisch interessant ist es schon hier.
Nun lassen wir die touristischen Hochburgen von Lignano seitlich liegen und ankern dann zur späteren Mittagszeit an der Tagliamento-Mündung, der Foce del Tagliamento (jetzt ist mir klar geworden, wovon sich der „zarte“ umgangssprachlich-vulgäre Ausdruck „Halt di Fozn“ herleitet). In ausreichender Entfernung zu unserem Ankerplatz werkt ein Baggerschiff in der Einfahrtsrinne. Dass es dieser Fluss in sich hat, dies haben viele von uns wohl schon beim Anblick der riesigen Schotterflächen an der Autobahn im Kanaltal gesehen.
Was besagen Kumulustürme, wenn sie oben ambossförmig werden ? Na, dann mal besser ab nach Westen. Doppel-Großvater Roman winkt von der Ferne seinen kleinen Zwillingen zu, als wir an Bibione vorbeifahren (die machen dort gerade Urlaub mit ihrer Mutter). In der Ferne sehen wir bereits den runden Kirchturm von Caorle – dorthin wollen wir für eine Nacht. Für die Ansteuerung müssen wir an der Stadt vorbei und dann den Fluss Livenza hinein. Die Einfahrt zur Marina Porto Santa Margherita di Caorle bleibt backbords liegen und Roman steuert dann bald rechts in den Orologio-Kanal für ca. 1 Meile Richtung Stadt. Zwischenzeitlich haben sich die Wolkentürme bedrohlich hoch gebauscht und schwarz gefärbt. Blitze zucken, aber nun sind wir schon an der Einfahrtsschleuse zur Darsena d’Orologio. Ein Schlaucherlfahrer weist uns einen Platz nahe beim Stadtausgang zu und Werner steuert diesen an, während Franz und Burghard sich die Dalben fangen. Nun wird es Zeit für einen Regenschutz – Lucken dicht, Sprayhood und Bimini ausklappen – schließlich geht es wirklich los, aber doch nicht ganz so heftig und so lang, wie die Gewitterstimmung zuvor vermuten hätte lassen.
Am Kanaldamm und den dort vertäuten Fischerkähnen entlang gehen wir später in die Stadt. Caorle ist natürlich ganz schön touristisch belebt, trotzdem hat es sich seinen Charakter als Fischerdorf bewahrt. Das Innerste ist putzig mit den kleinen Häusern am kuscheligen Platz im historischem Kern. Der runde Campanile mit Mauerteilen aus der römischen Zeit ist Wahrzeichen der Stadt und daneben steht die romanische Kathedrale für uns im schönsten Abendlicht. Wir bewundern die künstlerisch behauenen Wellenbrecher-Felsblöcke entlang des Meerweges – vielleicht kommen wir einmal wieder, mit Hammer und Meißel. Am Rückweg meldet sich ein wenig der Magen. Es ist unser letzter Abend in Italien und wir haben noch immer keine Pizza gegessen. Chefkoch Peter verweist auf seine Schiffsspeisekarte (bayrische Brotzeit und so). Ich bleibe hart und wir finden dann doch noch eine Pizza bei „Zur Wienerin“ (in Wien sind sie besser, die Pizzen).
Freitag, 17. Juni 2005 (von Caorle nach Portoroz):
Wir hatten uns für die Fahrt von Caorle hinüber nach Istrien etwas Wind erhofft. Leider ist schon der Morgen in der Darsena d’Orologio flau. Nach dem Frühstück legen wir ab. Zahlmeister Burghard und ich springen beim Marinabüro noch schnell hinaus und steigen dann mit Euro 50,40 leichter wieder auf. Roman bringt uns über Kanal und Fluss hinaus aufs Meer, wo wir unter ca. 100° Richtung Istrien motoren. Fischer queren unseren Weg, Franz versenkt seinen Schlafsack in den Fluten und mehrere kerngesund-wuzelige Delphine begleiten uns kurz am Bug und entfernen sich nach einigen akrobatischen Einlagen wieder. Die Steuermänner wechseln ihren Dienst, es wird gequatscht, gesonnt und geschlafen. Die Flagge unter der Steuerbordsaling wechselt ihre Farben.
Um 14 Uhr, gerade hat Peter das Essen vornehm in weißer Jacke serviert, da bläst doch etwas Wind für uns, so können wir den Stinker endlich ausmachen und in schönster Ruhe essen und doch vorwärts kommen. Bald liegt Piran seitlich da. Der Wind aus West hat etwas zugelegt, die Welle zeigt sich daher zum Schwimmen etwas ruppig. Wir disponieren um, da Peter ohnehin auch Izola noch sehen möchte. Dort angekommen lässt uns der Hafenkapo freundlicherweise für eine Stunde an der Zollmole festmachen. Wir wandern hinauf bis zur Kirche und durch alte Gassen wieder zurück. Ein Drink geht sich noch aus, dann steuern wir die freie Tankstelle an und unter schönstem Segelwind – erst Amwind, später Raum und Butterfly – gelingt die Rückfahrt kostenfrei bis Portoroz. Der Kreis hat sich geschlossen. Beim abendlichen Bummeln durch die Urlaubermeile zeigt sich die Runde doch schon etwas müde, vor allem Franz sitzt später mit dem Abblendlicht herum.
Samstag, 18. Juni 2005 (Heimreise):
Der Jonathan-Stützpunkt hat viel Arbeit. Gestern Abend ging sich die Schiffsrückgabe nicht mehr aus, so frühstücken wir heute noch Reste verwertend, aber mit Werners eben geholten frischem Weißbrot im Cockpit. Das Gepäck ist weitgehend schon im Bus verstaut. Dann aber kommt uns Simon doch noch fast zu rasch: schnell noch die letzten Sachen weg und die Kombüse aufgeräumt. Der Taucher erledigt die Kontrolle unter Wasser ohne Beanstandung und oben gibt es auch keine Probleme – 2 kaputte Gläser gehen frei – und bald zerreiße ich den Kautionsbeleg bei der Abmeldung im Büro. Ein letzter Toilettenbesuch und dann springt der VW-Atlantis für die Heimfahrt an. Werner nimmt diesmal die Strecke über Triest, Udine und das Kanaltal. Ein paar wehmütige Blicke schweifen letztmalig hinter Monfalcone hinaus auf „unseren“ Golf, dann entschwindet uns das Meer.
Beim „Wirt z‘ Furkern“, das ist bereits schon wieder in Oberösterreich, da kehren wir zuletzt noch ein – zum Abschied und auch für ein heimatliches Begrüßungsbier. Dann ist das Ende nicht mehr fern und Werner teilt die frohe Runde auf, ein jeder kommt zu seiner angetrauten Frau.
Danke alte Jungs – ihr ward ein prima Haufen !