Wer gerne einmal einen Törnbericht von einer 3-wöchigen Segelreise in einem etwas ausgefalleneren Revier fernab der üblichen Routen lesen möchte und auch mehr als nur einen schnellen Blick drauf dafür Zeit hat, dem sei der vorliegende Text mit etwas Bilderselektion gerne empfohlen.
Ein Segelkatamaran vom Typ Lagoon 450 ist in der Marina Mindelo auf der Kapverden-Insel Sao Vicente eingeparkt und dessen Eigner will mit diesem im April über den Atlantik in die Karibik schippern. Nun ist es eben kaum Mitte Februar 2024 und es bleibt noch etwas Zeit davor. Da ließe sich doch was einschieben.
Skipper Felix überzeugt Christian, Ferdinand und Anton von seinem Plan, der da wäre: Eine Spritztour von rund 500 Seemeilen zur westlichen afrikanischen Küste, dort Besuch des kleinsten Landes des Kontinents namens Gambia. Ja und nach etwas Visite dort darf es auch wieder zurückgehen. Drei Wochen sind für die Reise vorgesehen, also verlieren wir keine Zeit. Nachlesend kannst du nun gerne mitkommen, Schreiber und Bilderknipser Anton (auch Ante genannt) hat den Trip für sich – und wenn du willst auch für dich – konserviert.
Vorweg dies noch: Ganz ohne Hintergrundgeschichte ist der Reiseplan nicht entstanden. Im April und Mai 2022 hatte YCBS-Clubmitglied Michael Puttinger im Rahmen seiner 3-jährigen Afrika-Umsegelung auch Station in Gambia gemacht. Er konnte dort herzliche Gastfreundschaft erfahren und organisierte als Dankeschön für die sogenannten Austern-Frauen der Lamin Lodge die Finanzierung und Installation einer kleinen Photovoltaik-Anlage mit Batteriespeicher. Michaels spannende Berichte und Erzählungen, sein soziales Engagement (das wir auch gerne finanziell unterstützt hatten), seine guten Kontakte zu den gewonnenen schwarzen Freunden und Felix‘ großzügige Einladung auf sein Schiff sprachen sehr für dieses Abenteuer.
So. 11.02.2024:
Ab 2 Uhr früh ist für mich Tagwache. Um 02:45 holen mich die Brandies in Ranshofen ab und nehmen mich mit zum Flughafen München. Nach der Anfahrt und dem Vorlauf heben wir um 06:30 (Planzeit wäre 06:05 gewesen) in einem TAP-Jet mit Ziel Lissabon ab. Der Flug ist bis zum Luftraum der portugiesischen Hauptstadt problemlos, aber dort kreisen wir beinahe eine Dreiviertelstunde wegen Nebels und dürfen erst danach landen. Wir rennen dann wie von Hunden gejagt durch den Flughafenbereich, um den Anschluss zu den Kapverden zu erreichen. Unmittelbar vor uns wird aber das Bording beendet und wir werden von Air Portugal auf den Folgetag mittels Nächtigungs- und Verpflegungsgutscheinen vertröstet. Diesen so entstandenen freien Nachmittag nutzen Ferdinand und ich zu einer kompakten Lissabon-Erkundung. Mit der U-Bahn geht’s ins Zentrum, mit einem Hop-on Hop-off Bus durch die Stadt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten bis zum Belem-Turm und dem Denkmal für Heinrich den Seefahrer am breiten Tejo. Auch von der nostalgischen Straßenbahn Nr. 28 lassen wir uns ein Stück weit bergan transportieren. Wir haben dabei ganz schön Glück, denn eigentlich ist ein Regentag, aber bei den Stopps mit diversen Spaziergängen pausiert der Niederschlag, so können wir doch allerhand besichtigen. Zum Abendessen sind wir dann im flughafennahen Hotel Star Inn und treffen dort kurz einen Teil der Vorcrew der El Greco IV – Ingrid und Klaus, die von den Kapverden kommend planmäßig hier nächtigen und am Folgetag heimfliegen werden.
Heinrich der Seefahrer mit seiner Crew ~ Die Nostalgiebahn Carreira No. 28 ~ Der Belem-Turm am Tejo
Mo. 12.02.2024:
Nach gut verbrachter Hotelnacht und frühem Frühstück ab 06:30 schuttled uns ein Kleinbus zum nahen Flughafen. Die Eincheck-Prozedur dauert lange, aber schließlich klappt es heute doch und um 13 Uhr Ortszeit (= 15 Uhr MEZ) landen wir gut am Flughafen auf Sao Vicente. Ein Taxi bringt uns zur nahen Stadt Mindelo und kurz darauf ist unsere Anreise geschafft – wir sind in der Marina bei der El Greco IV angekommen und werden von Skipper Felix (der schon länger auf den Kapverden ist) und Christian (der bereits ein paar Tage früher angereist war) erfreut begrüßt. Nach einem Willkommen-Bier in der Marina (in der sogenannten Floating Bar, da schwimmend am Wasser) beziehen wir schnell unsere Kabinen, weil doch der Karneval auch am Nachmittag schon voll im Gange ist. Der Carnaval (kein Rechtschreibfehler) von Mindelo kann sich sehen lassen: vorweg sind die Kinder und Jugendlichen mit ihren Umzügen an der Reihe und wir holen uns einen ersten Vorgeschmack. Um 17:30 verlassen wir das lautstarke Spektakel und verholen uns hügelan zum Casa Marel fürs Abendessen (hier hatte Christian mit seiner Frau ein paar Tage schick gewohnt und das Restaurant durfte sich auch mit der Küche sehr empfehlen). Nach vorzüglichem Essen bei herrlicher Aussicht über die Stadt und die Bucht von Mindelo tauchen wir ab 21:00 wieder in die inzwischen mit Menschen vollgefüllten Gassen ein. Faschingsmontag ist heute und das närrische Treiben sollte an diesem Abend einen weiteren Höhepunkt erreichen. Wegen eines technischen Problems bei der Stromversorgung verzögert sich der große Umzug der vielen Gruppen aber bis kurz vor Mitternacht. Wunderbare Masken und Kostüme, freizügige Haut und irr laute Musik entschädigen die an den Straßenrändern dicht gedrängten Zuseher, auch uns, schließlich. Um 1 Uhr früh flüchten wir aus dem Hexenkessel Mindelo und ziehen uns für die erste Nacht zur Marina auf die El Greco IV zurück, wobei auch dort die kreolischen Rhythmen in unseren Ohren kräftig weiterklingen.
Air Portugal bringt uns nach Cabo Verde ~ Die El Greco IV wartet in Mindelo auf uns ~ Der Karneval ist voll im Gange
Di. 13.02.2024:
Nach ein paar Vermerken im privaten Logbuch, etwas WhatsApp-Kommunikation mit daheim und der Morgentoilette treffen wir uns ab 8 Uhr zum Frühstück in der Floating Bar. Anschließend geht Felix zum Ausklarieren und nach seiner Rückkehr müssen die Tanks der El Greco IV noch aufgefüllt werden. Leider ist die Seetankstelle gerade defekt, also transportieren wir in drei Fahrten per Beiboot 150 Liter Diesel in Kanistern von der nächsten ufernahen Autozapfsäule aufs Schiff. Die Prozedur dauert mit Einfüllen schon seine Zeit, sodass der Sonnenhöchststand gut überschritten wird und unsere Haut eine erste Rotbräunung erfährt. Zudem können wir auch gleich die Wassertemperatur beim Waten vom und zum Beiboot testen und merken dabei gar nicht, dass eigentlich Winter ist. Nun treibt uns nach der Schlepperei der Hunger zum landfesten Skipperclub namens Nautilus; es ist dort gleich auch ein Abschiedsessen von Mindelo, denn um 15 Uhr starten wir unsere Seereise nach Gambia. Rund 500 Seemeilen liegen vor uns. Bei der im Kapverden-Archipel recht nordwestlich gelegenen Insel Sao Vicente starten wir also ab Mindelo westlich und südlich herum und legen Kurs auf Boa Vista, der östlichsten Insel an, welche recht genau in Richtung unseres afrikanischen Zieles liegt. Das Wetter ist herrlich, auch klar und die Wellen in den Insel-Abdeckungen von Santa Lucia bis Sao Nicolau nicht zu ausgeprägt. Der etwa um die 20 Knoten pendelnde Wind kommt aus Nordost, also gut brauchbar für unseren Vortrieb. Allerdings legt dieser im freieren Seeraum auf bis zu 30 Knoten zu, die Wellen werden üppiger und damit die Nachtfahrt eher unangenehm. Ich fühle mich dabei nicht sehr seefest, schlafe schlecht und bin schließlich sehr froh, als bei meiner Wache von 03:00 bis 06:00 endlich der junge Morgen am Horizont heraufdämmert.
Am Faschingsdienstag 2024 geht es los ~ Wir verlassen Mindelo auf Sao Vicente ~ Zwischenziel ist Sal Rei auf Boa Vista
Mi. 14.02.2024 (bis zur Meldung „Gambia in Sicht!“ am Samstag morgens):
Bis zur Nachmittagsmitte dauert unser erster Schlag und Boa Vista liegt endlich vor uns. Vor der Inselhauptstadt werden Groß und Genua geborgen und weit außen fällt der Anker durchs flache und wunderbar türkise Wasser auf den sandigen Grund. Ein Bad im Meer belebt die gebeutelten Sinne rasch wieder. WhatsApp-Infos melden die gute Ankunft beim Zwischenstopp. Felix hat schon das Dinghi zum Wasser abgesenkt und kurz darauf brausen wir, dessen fulminanten 90 PS Hydrojet-Antrieb kennen wir schon, rasant zur Anlegestelle. Was geht sich aus in Sal Rei? Erst eine Kaffeepause, dann ein Spaziergang durch die schon gut touristische, aber gerade sehr ruhige Stadt, nachfolgend eine Pizza als etwas vorgezogenes Abendessen. Bald nach 18 Uhr kurven wir bereits um die Insel südlich herum und haben dann in meiner Wache bis 21 Uhr eine gute Zeit lang schon wieder den direkten Kurs nach Gambia aufgenommen. Von der Crew schiebt jeweils nur einer Dienst, außer besondere Aktionen benötigen mehr Personal, dann unterstützt vorerst der Reservemann bzw. bei Bedarf natürlich der Skipper oder die ganze Crew. Am Tag wechseln wir zwischen 09 und 21 Uhr nach 4 Stunden, in der Nacht nach 3 Stunden, dabei verschiebt sich die Einsatzzeit laufend und es braucht nicht einer zum Beispiel immer die Hundewache machen. So geht es nun bis zum Samstag am Morgen nonstop dahin. Der Wind kommt weiterhin beständig aus Nordost mit bis zu 25 Knoten, die Welle ist dabei aber eher kurz und unangenehm giftig – eigentlich nicht Atlantik like, sodass sich meine Verpflegung auf Wasser und etwas Suppe reduziert. Den anderen geht es aber gut oder zumindest besser, wobei unserem Auch-Smutje Christian nicht nach großem Aufkochen zumute ist. Leider gehen bei einem Manöver die Reffleinen des Großsegels kaputt, so sind wir über die meiste Strecke nur mit Genua und Motorunterstützung unterwegs, vor allem, als der Nordoster sich auf 15-20 Knoten reduziert und später im Flachwasser der Landannäherung weitgehend einschläft.
Spaziergang in Sal Rei auf Boa Vista ~ Überfahrt nach Gambia ~ Suppe ist gut für rebellische Mägen
Sa. 17.02.2024:
Nach spannender Einsteuerung in die Gambia-Mündung fällt um 09:45 Ortszeit (=UTC bzw. MEZ-1) seitlich der Hauptstadt Banjul zwecks Einklarierung der Anker in den Fluss. Felix und Christian fahren vorerst mit dem Beiboot an Land, um dort die Formalitäten zu erledigen. Diese ziehen sich ordentlich. Zwischendurch werden Ferdinand und ich für eine Gesichtskontrolle abgeholt, dürfen dann aber wieder zurück aufs Schiff. Felix wird ordentlich von einer Behörde zur nächsten herumgereicht und kann erst nach 15 Uhr abgeholt werden (wobei ein Rest der amtlichen Notwendigkeiten noch immer offen ist).
Nun fahren wir mit dem Katamaran rund 8 Seemeilen in den Lamin-Bolong (Bolonge werden die Nebenarme des Gambia River genannt) hinein und bekommen vor der Lamin Lodge einen Ankerplatz zugewiesen. Karim, ein Freund des Afrikaumrunders, erwartet uns schon und heißt uns willkommen. Die Verständigung erfolgt auf Englisch, wobei der afrikanische Beiklang für den Anfang noch etwas gewöhnungsbedürftig ist und zumindest für mich auch bleibt. Bald fahren wir mit dem Beiboot vom Ankerplatz der El Greco IV zum nahen Steg der Lamin Lodge und werden von weiteren tiefschwarzen Freunden herzlich begrüßt, so auch von Mamut, dem Wirt oder Kellner des sehr rustikalen Restaurants neben dem wackeligen Anleger. Nach einem ersten Drink und Bestellung von Fisch- bzw. Hühnchen-Gerichten speisen wir bald erstaunlich gut, allerdings arg bedrängt von ein paar Affen, die wie wild auf dem flachen Dach neben unserem Veranda-Sitzplatz herumturnen und im unachtsamen Moment in den Speisenteller greifen. Mit einem Stock versucht Felix diese zu vertreiben, was die frechen Tiere jedoch nur kurz ausweichend recht furchtlos mit einem Zähnefletschen quittieren. Nach dem Essen spazieren wir etwas tiefer ins Lodge-Gelände. Auf einem schmalen Pfad bzw. über einen sehr provisorischen Holzsteg geht es durch den Mangrovengürtel zum mehr dauertrockenen Land und wir werfen dort auch schon gleich einmal einen ersten Blick auf die eingangs erwähnte kleine PV-Anlage, welche laut Aussagen angeblich nicht mehr so leistungsfähig wie zu Beginn arbeiten soll. Da es schon dunkel wird und wir auch ehrlich müde sind, kehren wir zur El Greco IV zurück und genehmigen uns noch ein kühlendes Abschlussgetränk, während es in der Lodge noch recht rund zugeht. Von dort wird der Samstagabend gut mit afrikanischer Musik beschallt, auch spät noch, als wir schon längst in den heißen, aber von den Ventilatoren doch etwas durchlüfteten Kabinen liegen und dennoch kräftig schwitzen – in der ersten Nacht in Gambia.
Einsteuerung in den Gambia River ~ Weg durch den Mangrovenwald ~ Die 1. Station ist die Lamin Lodge
So. 18.02.2024:
Der Morgen auf der El Greco IV beginnt so gegen 8 Uhr mit einem sehr angenehmen Schwimmen im wohl 26° warmen Flusswasser, welches aber hinsichtlich Salzgehalt dem Meer kaum nachsteht. Im nahen Uferbereich tauchen die ersten Austern-Ladies mit ihren kleinen Einfraubooten auf. Es ist gerade Niedrigwasser und da lassen sich die traubenhaft nun über dem Wasser an den Mangrovenwurzeln klebenden Muscheln gut herunterschlagen und einsammeln. Dem Frühstück an Bord folgt heute ein großes Reparieren im wellenstillen Flussarm. Die defekten Reffleinen müssen gegen neue getauscht bzw. verkürzt werden. Reservematerial hat Felix ausreichend mit dabei. Zwischendurch darf es auch wieder eine Wasserkühlung sein. Erst am späteren Nachmittag sehen wir uns die PV-Anlage an Land noch einmal näher an und erkennen als offensichtliche Gründe für einen möglichen Leistungsabfall zum einen die dicke Schmutzschicht auf den Panels und zum anderen die beschattenden Äste von den nahen Bäumen. Die zuständigen Schwarzen vor Ort erledigen später die empfohlenen Arbeiten, also das Waschen der Panels und das Abschneiden einiger Äste. Zudem erheben wir das ungefähre Stromverbrauchsvolumen: da hängt ein großer Kühlschrank im lokalen Netz, einige LED-Lichter am Abend und fallweise auch etwas Ventilation. Mittels WhatsApp-Kontakt mit Mike Puttinger, der gerade auf den Malediven in Arbeitseinsatz ist, werden die genauen Leistungsdaten der PV-Anlage mit Speicher erfragt. Am vorgerückten Nachmittag gibt es in der Lamin Lodge heute ein Gemüse-Reis-Gericht mit portugiesischem Bier dazu. Danach wollen wir etwas Proviant für die Versorgung am Schiff nachkaufen und wandern dazu bei Führung durch Karim in einer Dreiviertelstunde zum entfernteren Lamin Village. Der Weg dorthin ist wildromantisch. Erst stapfen wir mit viel Sand in den Sandalen durch eine Busch- und Savannen-Landschaft mit reichlich aufgegebenen Bauruinen an den Seiten, auch mächtigen Termitenhügeln dazwischen. Riesige Affenbrotbäume, hier Baobabs genannt, bleiben zurück. Müll liegt überall in großen Mengen, besonders zerdrückte Plastikflaschen und alles, was unsere Konsumgesellschaft an Verpackungsmaterial zu bieten hat. Schließlich tauchen bewohnte Häuser auf, der Zick-Zack-Weg wird lebhafter, Wellblechhütte reiht sich an Wellblechhütte, Autos kurven auf der nun etwas breiteren welligen Sandpiste hin und her, eine Moschee entlässt ihre Beter, Kinder tollen herum, Frauen mit Kopfgepäck balancieren ihre Last und viele schwarze Männer haben offensichtlich nichts zu tun. Schließlich erreichen wir wohlbehalten eine asphaltierte Hauptstraße mit einer immensen Geschäftigkeit. Überall werden Waren feil geboten. Menschen und Autos vermischen sich zu einem unkontrollierten Knäuel, indem aber niemand sichtbar zu Schaden kommt. Wir kaufen Obst, Gemüse und Getränke bei freundlichen Marktfrauen, verlieren uns dabei fast, finden dann wieder zusammen und auch ein Taxi. Den Rückweg zu Fuß wollen wir uns, jetzt schon im Dunkeln, ersparen und pressen uns lieber gut verschwitzt ins Auto. Karim steigt in den Kofferraum und schon geht die wilde Rückfahrt los. Die Atlantikwellen waren hart, aber die Taxifahrt nun fast noch härter – zum Glück nicht so lange, wenngleich die Bandscheiben einiges abbekommen. Zurück bei der Lamin Lodge steigen wir ins Beiboot und Felix bringt uns diesmal sehr rückenschonend zur El Greco hinüber. Wiederum wird es ein recht musikalischer Abend oder besser eine solche Nacht, weil wegen des morgigen Feiertags in Gambia die Lautsprecher erst um 6 Uhr früh einschlafen und wir trotz Schlummertrunks auch nur geringfügig früher.
Das Gebäude mit der Photovoltaik ~ Baumriese im Lodge-Zentrum ~ Am Weg zum Lamin Village
Mo. 19.02.2024:
Afrika erwacht für uns wieder mit einem Morgenbad vor dem Frühstück, dann schmecken Spiegeleier und Karims frisch geliefertes Brot zu Kaffee oder Tee ausgezeichnet. Bald danach besuchen wir die Lamin Lodge und kontrollieren die PV-Anlage neuerlich, vermessen die Leistung und Felix holt zudem einen Gartenschlauch vom Schiff, um die Module noch einmal besser zu waschen. Erst auf einer miesen Leiter und später mittels einer langen Bambusstange gelingt die Reinigung recht gut, obwohl der kaputte Wasserhahn furchtbar sabbert. Dann werden alle Verbraucher weggeschalten um später zu sehen, ob sich die Batterien nun wieder gut aufladen. Nach einem Drink und etwas Geplauder mit dem Wirt und einigen weiteren Schwarzen, auch mit Gee, dem Taxler von gestern (der eigentlich keiner ist, sondern ein Freund von Karim und Auto-Besitzer) lädt uns Felix zu einer kurzen Mangroventour mit dem Beiboot ein. Bald flitzen wir Hydrojet-getrieben durch kleinere Seitenarme des Flusssystems, auch in Sackgassen, schließlich zu einer Lodge, vor der wir unter Mithilfe eines extraschwarzen Helfers wild anlanden. Das Gebäude, welches wir dort vorfinden, hat die Form eines riesigen und beeindruckenden Bootsrumpfes, aber das einstige Gasthaus ist verschlossen und verlassen. Ein Schwede, so erfahren wir, hatte es vor Jahren bauen lassen, aber die Geschäftsidee dürfte nicht ganz aufgegangen sein. Zurück bei der El Greco IV macht sich Felix mit Taxler Gee auf den Weg, um mit Kanistern Diesel und Benzin herbei zu holen und auch gambische Dalasi (GMD / 100 Dalasi ~ 1,35 Euro) zu besorgen. Später rauscht er mit vollen Gebinden im Beiboot heran, der Inhalt kommt in die Schiffstanks und weil es so gut klappte, beginnt das Spiel noch einmal von vorne, also wieder Taxifahrt usw. – so geht tanken in Gambia (das hatten wir doch auch schon in Mindelo so ähnlich). Der für heute geplante Ausflug zum Elephant Tree, einem riesigen Urwaldbaum, wird wegen der inzwischen vorgerückten Stunde abgesagt, denn bald werden wir schon in der Lamin Lodge, diesmal bei einem anderen Lokal weiter hinten, fürs Abendessen erwartet. Am urigen Tisch – im früheren Leben wohl ein Ruderblatt eines Dampfers gewesen – verspeisen wir diesmal Hühnchen mit Pommes und Gemüsebeilagen. Der spätere Abendausklang auf der Flybridge wird ausgesprochen ohrenschonend, heute ohne lauten afrikanischen Rhythmen aus der Ferne, da der Feiertag zu Ende geht und morgen wieder gearbeitet werden muss.
Reinigung der PV-Anlage ~ Einbäume und geschlossenes Restaurantschiff ~ Tour zwischen den Mangroven
Di. 20.02.2024:
Nach dem Frühstück solls in die Hauptstadt gehen, so ist der Plan, aber Gee, unser Taxler und Begleiter, schlägt eine Tour in den Südwesten des Landes zur Atlantikküste vor. Dort wäre viel mehr das interessante und wahre Gambia zu finden, meint er zu uns. Also disponieren wir um: Felix muss jedenfalls noch die offenen behördlichen Erledigungen in Banjul hinter sich bringen, aber wir drei anderen könnten ja dem Vorschlag folgen, also auf in den wilden Südwesten. Die Fahrt dorthin ist schon wieder einmal sehr spannend: Erst die holprige Piste bis Lamin Village, dann auf der befestigten Hauptstraße weiter. Die ganze Route entlang pulsiert das Leben. Alles ist da: viele einfache Handwerksstätten, Baustellen, Ruinen, Müll in rauen Mengen, Menschen bei geschäftigem Treiben, Marktfrauen, Mütter mit Kindern am Rücken und Lasten auf dem Kopf, Autos, Lastwägen, Eselfuhrwerke, Schubkarrenfahrer, traditionell oder modern gekleidete Passanten, Kopftuchträgerinnen, Muslime im Kaftan, Herausgeputzte und Armselige – und alle sehr sehr schwarz. Zwischendurch wollen wir Geld bei Bankomaten beheben, aber die sind bei mehreren Versuchen alle ausgeräumt oder defekt. Schließlich erreichen wir die Küste und damit unser heutiges Hauptziel, die Fischer am Meer mit ihren bunten Booten, die Fischhändler am Sandstreifen davor, die Bootsbauer mit ihren einfachen Werkzeugen, die Fischtrockner, die Räucherer, die vielen Frauen bei ihren geschäftigen Tätigkeiten. Besonders imposant schaukeln die schmalen Boote, Priogen genannt, in großer Zahl in den anbrandenden Atlantikwellen. Auf ihnen, oder oft auch bis zu den Hüften im Wasser stehend, tiefschwarze Männer, beim Anlanden oder beim Schleppen von Fischen an Land. Netze werden geflickt, Boote frisch kalfatert oder gestrichen, Holzteile ausgetauscht und ganz neue gebaut.
Wir wandern am Sandstrand entlang gen Süden bis es ruhiger wird und wir schließlich, oh Wunder, ein stilles oder einsames Kap erreichen. Auf einer Mauer umgehen wir dieses und Gee führt uns zu einer kleinen Raststätte, wo wir, es ist ja recht heiß bis an die 30 Grad, unseren Durst stillen können. Eine junge Schwarze, üppig figuriert, mit tiefschwarzem Haar und ebensolchem Anliegekleid bringt uns die bestellten Getränke. Wir ersuchen Gee, er möge doch das Auto hierherholen, um uns den langen Rückweg zu Fuß zu ersparen. Währenddessen quatschen wir mit der recht freundlichen Wirtin, die sich als die Schwester des nicht vorhandenen Wirtes ausgibt, und erfahren ein wenig was über die gambische Seele, was sie so bewegt und denkt. Zuvor hatte uns Gee schon so manchen Einblick und wohl auch den größeren Überblick gewährt. Die Rückfahrt mit Markt- und Market-Besuch ist ein neues Abenteuer der Sinne. Vollgepackt mit Obst, Gemüse, Getränken, Eiern, Wurst und Käse etc. und auch mit frischem Geld, gewechselt am Flughafen, kehren wir zur Lamin Lodge und via Beiboot – Fährmann Felix erwartet uns schon – zur El Greco zurück. Es ist 14:30 GMT, was hier statt Greenwich Mean Time gerne Gambian Maybe Time genannt wird, weil eine vereinbarte Zeit oder ein Termin hier nicht immer so europäisch penibel genau genommen wird. Nach einer Pause für uns, in der Felix mit Gee noch einmal eine Fuhre Treibstoff in Kanistern holt, fahren wir zu unserem letzten Abendessen zur Lamin Lodge. Bei Fisch, Reis und Gemüse lassen wir es uns schmecken.
Karim, unseren Vorort-Betreuer, laden wir zum Essen ein und der bedankt sich, indem er jedem von uns ein buntes afrikanisches Perlenarmband schenkt. Noch einmal wird die PV-Anlage kontrolliert, die eigentlich wieder gut funktioniert, nur ist es so, dass in der Zwischenzeit einige zusätzliche Verbraucher angeschlossen wurden und damit die Leistung für den Bedarf zu gering ist. Eine Aufstockung der Panels und der Akkus wäre wohl nötig. Später ist auch unser Tagesführer Gee wieder hier und es wird Zeit zum Abschied nehmen von der gastlichen Lamin Lodge, weil wir morgen beabsichtigen, uns flussaufwärts zu bewegen. Eine Flasche Wein lässt den Abend auf der El Greco IV ausklingen. Es ist diesmal ein Segredos de Sao Miguel, welchen ich als Bild zudem an Michael Puttinger mit besten Abschiedsgrüßen von der Lamin Lodge zu den Malediven schicke.
Mi. 21.02.2024:
Über Nacht ist es etwas kühler geworden, aber ein Morgenbad wird trotzdem recht angenehm. Nach dem Bordfrühstück verlassen wir um 08:30 den Ankerplatz vor der Lamin Lodge. Nun zieht die El Greco IV bereits den Lamin Bolong hinaus zum Hauptfluss. Unser Ziel liegt zwar im Osten, aber vorerst müssen wir, nachdem wir Banjul links liegen gelassen haben, erst einmal nach Süden, weil der Gambia-Fluss ja gar nicht gerade ist. Wir haben Harmattan-Wetter mit Wind bis zu 25 Knoten, erst aus Backbord und nach einer Biegung gegenan. Die El Greco hüpft in den steilen Flusswellen wie ein Geißbock und es spritzt auch kräftig. Zudem ist das Schiff bald wieder tüchtig eingesandet und die Sicht miserabel. Oft sehen wir beidseitig keine Ufer – das auch, weil der „Bach“ die Breite eines großen Meerbusens hat. Dagegen verkommen unsere heimatlichen Fließgewässer wie die Donau oder der Inn zu Bächlein. So wird es eine nicht gerade kurzweilige Reise stromaufwärts, wobei aufwärts relativ zu verstehen ist. Der Gambia wird bis rund 400 km ins Landesinnere noch immer von den Gezeiten beeinflusst und ist weit hinein salzig. Direkt langweilig wird uns trotzdem nicht. Seitlich wandert die Sklaveninsel (James Island) vorbei, wo früher tausende Schwarze nach Amerika verschleppt wurden, eine schöne Weile begleiten uns mehrere gut genährte Delphine, welche vor den beiden Bügen akrobatische Einlagen liefern, dann piepst wieder der Autopilot, welcher aus noch nicht erkenntlichen Gründen immer wieder einmal nach Handsteuerung schreit.
Bei vom Saharasand getrübter Sicht fahren wir flussaufwärts bis Tendaba am Kiang West Nationalpark – Delphine begleiten uns mitunter!
Ein Mittagssalat von Christian bringt kulinarische Abwechslung. Ich toaste das gestern frisch gekaufte Brot dazu, muss aber vorher die Ränder wegschneiden, weil in diesem feuchtheißen Klima (trotz Trockenzeit) schon erster Schimmel angesetzt hat. Grundsätzlich sind wir beim Essen hier sehr vorsichtig, schälen, kochen, toasten und lassen frischen Salat in Lokalen weg, trotzdem erwischt es Teile der Crew etwas. Die Leichtigkeit einer Reise kann auch hart bzw. dünnflüssig sein. Unser Tagesziel heute ist das Tendaba Camp am Südufer des Gambia, rund 50 Seemeilen von der Mündung und der Hauptstadt Banjul entfernt. Es wird 18:30, bis wir ankommen. Der Anker fällt in gutem Abstand vom Anlegesteg in den Fluss, wo wir wegen des ablaufenden Gezeitenwassers plus der normalen Fließgeschwindigkeit ordentlich Strömung haben. Beim Anlanden mit dem Beiboot sind uns ein paar Schwarze behilflich, weil der Aufstieg recht hoch und gut mit Fischerkähnen zugeparkt ist.
Den Steg gut erklommen übernimmt uns gleich ein recht zahnloser Zeitgenosse und will uns zu seinem „Restaurant“ bringen. Nach ein paar Schritten führt er uns in eine windoffene Hütte mit einer Art Tisch in der Mitte, aber Stühle fehlen. Nach verblüffter Denkpause bekommt der Anlegehelfer etwas Trinkgeld, aber nicht uns als Gäste, was er durchaus zufrieden akzeptiert. Wir wandern weiter und kommen zum Tendaba Camp und dort in eine große Speisehalle. Noch ist es aber zu früh fürs Abendessen – erst nach 20 Uhr, wie wir erfahren, sind wir gerne als Gäste gesehen. Zuvor muss bei den Muslimen gebetet werden und der Muezzin ruft auch schon vom Turm im nahen Dorf. Seitlich gibt es noch eine Bar, die aber auch noch nicht in Betrieb ist. Später nehmen wir in der Halle platz, zahlreiche Schwarze kommen bald dazu und schließlich auch das Speisenangebot als Buffet. Es gibt die übliche, schon bekannte, aber durchaus schmackhafte Kost: Fleisch (nicht vom Schwein) oder Fisch, Reis oder Pommes, gekochtes Gemüse, braune Zwiebelsauce, auch Salat. Es ist reichlich, preiswert, nahrhaft und schmeckt. Beim Rückweg machen wir einen Bogen durch die nahe Ansiedlung. Es ist schon dunkel, aber an der sandigen Dorfstraße sitzen die Menschen plaudernd und lachend, dass die weißen Zähne nur zu hervorleuchten, vor ihren bescheidenen Hütten. Kleine und große Kinder tollen herum, dazwischen Hunde, Ziegen und Hühner. Kontaktfreudig begrüßen sie uns, aber mit Englisch geht hier nicht mehr viel.
Neben der Moschee hat ein kleiner Laden offen und wir bekommen tatsächlich noch Brot – unverschimmeltes! Draußen am Fluss hängen wir mit der El Greco IV noch gut am Haken, obwohl der Bug nun Richtung Mündung zeigt, also der Flutstrom die Oberhand bekommen hat. Es ist völlig still hier, nur in der südlichen Ferne leuchtet und flackert es in Rot – es brennt der Buschwald an mehreren Stellen und der Wind bläst auch noch in die Flammen hinein.
Do. 22.02.2024:
Fürs Bordfrühstück draußen am Gambia vor dem Tendaba Camp hat Ferdinand wieder einmal ausgezeichnete Spiegeleier mit Speck beigestellt. Das ist gut so, denn für das heutige Unternehmen können wir schon einige Kalorien zusätzlich brauchen. Wir beabsichtigen eine längere Beiboot-Fahrt für den Besuch einer Schule, wo wir einige Mitbringsel wie Schreibutensilien udgm. für die dortigen Kinder übergeben wollen. Allerdings liegt der Ort gut hinter der Senegambia Bridge, welche wir mit dem Katamaran wegen des zu hohen Mastes nicht passieren können. Felix vertraut voll auf die Leistungsfähigkeit seines schnellen Dinghis, obwohl die Strecke an die 30 Meilen beträgt. Der Rest der Crew ist zwar skeptisch, aber auch neugierig und wir machen uns reisefertig, obwohl wir wissen, dass da auch leicht irgendetwas das Unternehmen gefährden kann. Ferdinand will sich den wilden Wellenritt nicht antun und bleibt als Schiffswächter auf der El Greco IV zurück. Um 09:00 flitzen wir zu dritt ab: Felix am Steuer, Christian neben ihm und ich am Rücksitz mit Blick nach hinten. Die Wellen lassen eine recht hohe Geschwindigkeit von 15 bis 20 Knoten zu (30 würde die starke Maschine auch schaffen). Unsere Wirbelsäulen können die Schläge so noch gut abfedern, aber die Gischt ist auf der Hinterbank schon sehr benetzend, um nicht durchfeuchtend zu sagen. Fische hüpfen und fliegen zu Hauf im seitlichen Jetstrom durch die Luft, Mangroven und Flussbiegungen bleiben rauschend zurück. Wohl eine Stunde sind wir so schon unterwegs, da schreit Christian plötzlich: „Da steht ein Reiher im Wasser!“. Im nächsten Moment ist mit der rasanten Fahrt Schluss – wir stecken auf einer Schlammbank fest. Der Motor schreit wegen der fehlenden Kühlung um Hilfe, weil auch das Ansaugrohr die braune Masse abbekommen hat. Nun ist guter Rat teuer. Felix schwingt sich als erster über den Gummiwulst ins seichte Wasser und steckt gleich einmal knietief in der Sauce. Es gibt nur eines – alle aussteigen und den Kahn aus dem Dreck ziehen oder besser schieben. Unweit von uns steht noch immer der Reiher und beobachtet das Geschehen, wie es scheint, recht genüsslich. Weitgehend kleiderfrei und auf allen Vieren, speziell mit waagrechten Unterschenkeln, um mehr Auflageflächen auf der Schlammschicht zu erzeugen, schaffen wir es nach langer Anstrengung, das Boot in etwas tieferes Gewässer zu versetzen und frei zum Schwimmen zu bringen. Zu allem Überfluss ist das Wasser wegen Ebbe auch noch gerade ablaufend, also nichts wie weg hier. Leicht gesagt, denn als Felix den Motor startet, da heult schon wieder der Kühlalarm. Nach zeitraubender mehrmaliger Reinigung des Filters in der Ansaugung bringt Felix die 90-PS-Rotax-Maschine wieder zum Laufen.
Zwischenzeitlich nehmen wir – zum Glück gibt es hier gerade eine Internet-Versorgung fürs Handy – via WhatsApp mit Ferdinand Verbindung auf und ersuchen ihn, uns ein Stück mit der El Greco entgegen zu kommen. Das Unterfangen Schulbesuch wird wegen zu viel Zeitverlust und der Unsicherheit eines neuerlich ähnlichen Zwischenfalls abgebrochen. Es dauert schon eine Weile, bis Ferdinand den Kat alleine startklar macht, die Maschinen startet, den Anker aufholt und flussaufwärts abfährt. Wir bewegen uns nun auch wieder, jetzt flussabwärts. Nach mehr als einer Stunde treffen sich dann zwei alte Bekannte mitten auf dem Gambia River wieder – die El Greco IV und ihr kleines schnelles Landungsboot. Zurück am Mutterschiff atmen wir erleichtert auf. Das Unternehmen Schulbesuch ist zwar im Schlamm des Gambia River gescheitert, aber zumindest wir heil davongekommen. Es ist 12 Uhr und ein kräftigender Mittagssalat mit Thunfisch aus der Dose bringt bald Beruhigung in die etwas nervös gewordenen Mägen, während die El Greco IV schon wieder flott flussabwärts unterwegs ist. Unser Tagesziel, die Bintang Bolong Lodge erreichen wir nach einem kurzen Abstecher in einen anderen Seitenarm am vorgerückten Nachmittag so um 18:15. Zum Abendessen können wir ins nahe Lodge-Restaurant einkehren. Zahlreiche Jugendliche verschiedenster Nationen und Hautfarben sind hier, um diverse Seminare zu belegen, während sie in Gambia eine freiwillige Zeit im Ausland absolvieren. So z.B. auch eine junge Dame aus Baden Württemberg nahe Stuttgart, die uns gleich auf Deutsch anspricht und sich sehr für unsere Reise und die El Greco IV interessiert. Wir bekommen von einer freundlichen Muslimin einen Platz zugewiesen, müssen dann aber bei einem Getränk reichlich warten, da zuerst die Seminaristen abgefüttert werden müssen. Danach kommen große Portionen Fisch auf den Tisch und braune Jaffa-Sauce auch. Schönen Salat gibt es dazu: „Green AND Clean“ versichert mir die hübsche Kellnerin mit dem Kopftuch und ich vertraue ihren treuherzigen Augen. Das erfordert später das Einwerfen von zwei Imodium-Tabletten, so bleibt die Nacht problemlos und ruhig, abgesehen von einem Traum, wo ich bis zu den Weichteilen im Gambia-Schlamm stecke und deshalb furchtbar aufschrecke.
Fr. 23.02.2024:
Wegen der gestern abgebrochenen Badeleiter ist das Morgenschwimmen eher schwierig und wird weitgehend durch Duschen am Außenschlauch ersetzt. Wir wollen heute das Dorf am Pintang Bolong durchwandern und kehren dabei zuvor ins schon gestern besuchte Restaurant zum Frühstücken ein. Die Treuherzige ist nicht da, dafür aber ein unausgeschlafener und nicht gerade glücklich wirkender Kellner. Das Servierte ist aber ok und es gibt diesmal Baobab-Juice dazu, den wollten wir ohnehin schon lange kosten – na ja?!? Nun steht der Spaziergang ins nahe Dorf an. Gleich bei Beginn lassen wir uns als komplette Crew vor einem Urwaldriesen ablichten. Hinter meinem Smartphone steht ein Schwarzer namens Omar und der bietet sich gleich als Führer an.
Omar macht seine Sache recht ausführlich und gut. Er begleitet uns zu den Austern Ladies, zeigt uns, wie die Schalen erhitzt und geöffnet werden und was mit dem Abfallprodukt, welches zu großen Haufen aufgeschüttet ist, alles gemacht wird. Schalen sind z.B. gut für Estrich-Unterböden und vor allem zermahlen als Mörtelkalk.
Er erklärt uns die üppige Vegetation mit den zahlreichen Bäumen wie Baobabs (Affenbrot), Cotton Trees mit Samen wie Baumwolle, Mangos mit Früchten drauf, Palmen mit Kokosnüssen, Cashews mit noch grünen Fruchtansätzen und natürlich auch die Mangroven. Auf den ausgedörrten Salzwiesen versuchen Esel und Rinder zu weiden.
Wir kommen zu einer großen Gemüsegartenanlage mit zahlreichen Frauen, die in sicher anstrengender Arbeit Wasser aus einem Tiefbrunnen heraufziehen und dieses in den Kulturen verteilen. Nach dem Bogen durch die Botanik betreten wir von der Landseite das Dorf: Ein Kindergarten verblüfft mit seiner besonders „reichhaltigen“ Ausstattung, auf einem staubigen Sandplatz jagen junge Ronaldos und Messis einem luftarmen Fußball nach, vor der Moschee unter einem Zeltstoffdach treffen wir auf eine Allah gläubige Gemeinde beim Tee, eine Schneiderei erlaubt einen Blick in die Werkstatt, wo die alte Singer-Nähmaschine mit Fußantrieb wohl schon mehrere Jahrzehnte seinen Dienst zufriedenstellend verrichtet. Ein paar tiefschwarze Lockenkopfkinder begleiten uns ein Stück, bis wir wieder am Startort unseres Rundganges zurück sind.
Wir verabschieden uns vorerst dankend von Omar, den wir später noch einmal treffen, weil er uns einen Mangrovenast vorbeibringt (ein solcher ist als Präsent für Afrika-Umrunder Michael erwünscht). Nach dem schweißtreibenden Ausflug, oft in praller Sonne, haben wir uns eine Siesta am Schiff verdient. Skipper Felix aber nützt die Zeit, um die abgebrochene Badeleiter mit Schlauchschellen wieder provisorisch zu befestigen. Das hält auch bestens und wir können ohne viel Akrobatik wieder zum Schwimmen ins Wasser. Damit ist unsere Zeit im Pintang Bolong schon wieder vorbei. Um 14:30 geht der Anker auf und wir transferieren uns zum Lamin Bolong, in dem wir, nicht all zu fern von der Hauptstadt, um 18:30 diesen mitten im Nebenarm wieder im Flussboden einhaken. Um 19 Uhr ist die Beibootfahrt nach Banjul zu einem Militärsteg schon erledigt und nach etwas uniformierter Kontrolle besteigen wir ein zuvor bestelltes Taxi, um zu einem Restaurant zu fahren. Unser Chauffeur hat leider keine Ahnung von Speiselokalen, so sucht Ferdinand im Internet. Nach ein paar Versuchen – auch das große Hotel Atlantik hat geschlossen – geben wir es in der City auf, brausen durch den Arch 22 (ein protziges Nationaldenkmal) hindurch und 20 km nach Westen ins Touristengebiet am Meer. Dort finden wir endlich eine brauchbare Lokalität und der Herd wird für uns noch einmal angeworfen, weil es eigentlich schon recht spät ist. Das Essen passt dann gut und wird bei der Rückfahrt über die teilweise sehr desolaten Straßen ordentlich im Magen eingerüttelt. Zurück bei der El Greco IV ist uns, da schon 22:30, heute nur mehr nach horizontaler Lage.
Die El Greco IV im Lamin Bolong ~ Der ARCH 22 – eine Art Freiheitsstatue für die Gambier ~ Das Hotel Atlantic in der Hautstadt
Sa. 24.02.2024:
Um 07:30 ist Tagwache am Ankerplatz mitten im äußeren Lamin Bolong. Nach der Morgenroutine starten wir um 09:30 zu einem Versorgungseinkauf nach Banjul, da wir zu Mittag unseren Gambia-Besuch beenden wollen. Am Militäranleger erwartet uns Gee bereits mit seinem Auto. Für Felix steht ein eigenen Taxler mit einem Motorrad bereit – er muss das Ausklarieren erledigen. Wir drei Einkäufer werden zum riesigen Royal Albert Market gebracht, das ist wahrscheinlich die größte Sehenswürdigkeit der Hauptstadt. In diesem Labyrinth aus Gängen und Ständen gibt es praktisch alles irgendwo, bunt gemischt und unsortiert bei hunderten Anbietern – nur finden muss man erst, was man braucht. Neben unserem Bedarf für die Rücküberfahrt zu den Kapverden kaufen wir hier auch ein paar Mitbringsel: farbenfroh gebatikte Damenkleider, Schals, Armbänder etc. wandern in unsere Taschen. Gee findet zum Glück gezielt den Ausgang wieder, wir würden vielleicht heute noch herumirren. Flaschengetränke und frisches Brot besorgen wir außerhalb.
Besuch des ROYAL ALBERT MARKET in Gambias Hauptstadt Banjul – eine ganz besondere Attraktion!
Um 11:30 sind wir gut bepackt beim Landungssteg zurück. Felix ist nach erfolgreicher Erledigung des Behördenkrams auch schon da. Die für die Schule flussaufwärts gedachten Sachen übergeben wir an Gee zur Verteilung und schließlich verabschieden wir uns herzlich von ihm, er war uns ein sehr angenehmer, freundlicher und kompetenter Helfer hier in Gambia gewesen. Punkt 12 Uhr legen wir bei der El Greco IV an, verstauen den Einkauf, springen zur Abkühlung noch einmal in den Fluss und um 12:45 geht der Anker auf. Unsere Passage zurück nach Sao Vicente kann beginnen. Wir stellen die Uhren gleich auf die Zeitzone des Ziels ein, also 1 Stunde zurück, so ist es eben 11:45 beim Start. Rund 550 Seemeilen bis Mindelo liegen nun wieder vor uns. Mäßiger Wind aus Nordost bedeutet vorerst Motorfahrt um Bajul herum. Während Christian Spiralnudeln mit scharfem Biri-Biri-Sugo und Salat vorbereitet, setzen Felix und Ferdinand die Segel zur Unterstützung. Die Motoren schweigen vorübergehend beim Mittagessen, dann schaukeln wir mit Doppelantrieb weiter aus der Gambia-Mündung hinaus und in den Atlantik bzw. den Nachmittag hinein. Fürs Erste sieht alle recht easy aus, aber ganz so einfach wird die Fahrt dann nicht, den die Fischer mit ihren ausgelegten Netzen machen uns immer wieder einen Strich durch unsere Kursberechnung. Bei Tageslicht können wir die Hindernisse meist rechtzeitig sehen, allerdings erwischen wir auch da schon zwei Mal eine Schwimmleine, ohne diese aber in die Propeller zu bekommen. Mit Abnehmen des Tageslichts wird es kritischer, da weisen uns einige Fischer in ihren Priogen einen Weg um die Netze herum, indem sie auf uns zubrausen und mit wilden Gesten die freie Richtung anzeigen. So müssen wir einige Male nach Süden abweichen, obwohl wir eigentlich mehr nördlicher segeln möchten, um später einen besseren Windwinkel zu bekommen.
Good Bye Gambia ~ 400 Seemeilen bis Sal auf den Kapverden ~ Bitte weiter im Süden unsere Netze passieren!
Als wir schließlich glauben, weil schon 30 Meilen draußen und länger auf freier Fahrt, dass wir alle Hindernisse hinter uns gebracht hätten, da kommt uns in der Dunkelheit doch noch ein Netz in die Quere und verheddert sich im Steuerbord-Propeller. Schnell werden die Maschinen gestoppt, die Segel geborgen und die Lage unter Beleuchtung gesichtet. Wir hängen wie die Fische im Netz. Felix, der Verwegene, kramt schon in einer Backskiste und holt Flossen und Taucherbrille heraus. Leinengesichert, bewaffnet mit Tauchermesser und wasserdichter Taschenlampe steigt er in den wogenden Atlantik zum auf- und abklatschenden Heck. Bei mehreren Tauchgängen schneidet und holt er Leinen- und Netzteile heraus und schafft es tatsächlich, die El Greco zu befreien. Es war 19:30 beim Stopp und um 20:15 zur Prime Time können wir unser Abendprogramm fortsetzen. Wache um Wache folgen, in denen wir zum Glück keine Netze und auch keine Schiffe mehr sehen. Schließlich liegt auch die Großschifffahrtsroute ohne Probleme hinter dem Heck und es erwartet uns ein neuer Tag.
So. 25.02.2024:
Ein Tag wie jeder andere ist das sicher nicht. Die Atlantikwelle sollte nach allgemeiner Meinung doch angenehm langgezogen und nicht so bockig sein. Nein danke, mir ist sie zu aggressiv, zu steil, zu unkontrolliert, um sie als gemütlich zu empfinden. Die mächtigen Wogen krachen immer wieder einmal brutal in die Rümpfe des Kats und lassen diese erzittern. In den Vorschiffkabinen knallt es oft, als würde jemand mit einem Vorschlaghammer auf das Schiff einschlagen. Das spürt man beim Schlafen in der Magengrube oft wie Faustschläge. Mein Körper verträgt die Tortur auf die Dauer nicht und der Magen quittiert das mehrmals mit Schubumkehr, sowohl bei der Hin-, wie auch auf der Rückfahrt. So kann ich leider die Kochbemühungen unseres Smutjes Christian nicht ausreichend würdigen, weil ich doch vorwiegend Tee, trockenes Brot oder Kekse, später Nudeln ohne Aglio e Olio zu mir nehme bzw. bei mir behalten kann. Die Wachen in der Dunkelheit verlaufen meist einsam. Einmal kommt in der Nacht von Sonntag auf Montag ein Frachter über 50 Metern Länge vorbei, das zeigen die beiden weißen Toplichter, ein andermal gibt eine Genuaschot w.o. und muss getauscht werden. Sonst keine besonderen Vorkommnisse, das ist die Meldung an die Ablöse.
Mo. 26.02.2024:
Immer noch weht der Wind, jetzt etwas rückgedreht mehr aus Norden, mit durchschnittlich 15 Knoten, manchmal sind es fast 20, fallweise gerade mal etwas über 10 bei Wachroutine wie gehabt. Am Nachmittag gegen 16 Uhr lässt der Segelvortrieb merklich nach und Felix probiert seinen Code Zero aus. Leider reißt am Leichtwindsegel eine Schlaufe aus und es muss wieder auf die Genua rückgewechselt werden. Kurz nach dem Manöver umkreist uns plötzlich ein Hubschrauber, er zieht dann aber wieder nach Westen, also Richtung Kapverden, ab. War es eine Frontex-Maschine? Haben wir Flüchtlinge an Bord? Der Abend dämmert heran, die Wache wechselt auf 3 statt 4 Stunden Dauer, die Wellen sind nicht mehr so mächtig, es wird etwas gemütlicher, noch gute 50 Seemeilen bis zur nordöstlichsten Kapverden-Insel Sal. Es ist gleich Mitternacht, wo meine Wache beginnt und bis 3 Uhr früh dauert.
Di. 27.02.2024:
Um 8 Uhr früh, ich schlafe noch und lass es mir später erzählen, kommt endlich wage Land in Sicht – die Insel Sal taucht andeutungsweise am Horizont auf. Der Silbermond der Nacht ist schon durch die Sonne abgelöst, die sich aber fallweise mit Wolken verhüllt. Es ist etwas frischer als an den letzten Tagen und vor allem doch deutlich kühler als in Gambia. Noch bevor die bisher üblichen Vorboten bei einer Landannäherung – z.B. Vögel in der Luft oder Fischerboote am Wasser – sichtbar werden, melden heutzutage die Smartphones die baldige Ankunft, indem eine Verbindung zustande kommt und diverse Nachrichten mit Gepiepse eingehen. Nun laufen WhatsApp-Kontakte mit der Heimat an und künden von der gleich geschafften Überfahrt bzw. was zuhause alles so los ist. Um 9 Uhr ist die Südspitze der Insel Sal erreicht. Christian beendet eben seinen Wachdienst und Ferdinand übernimmt die Rundung zur Westseite, während Felix ein verstopftes WC wieder durchgängig macht. Zwischendurch taucht vor dem Schiff ein Wahl auf, schießt eine Fontäne in die Luft und verschwindet mit mächtig erhobener Schwanzflosse wieder im Wasser. Um 10 Uhr fällt der Anker in der großen Südwestbucht ins glasklare Wasser und verbeißt sich bestens im gelben Sandboden. Kaum gestoppt sind wir schon im Meer, um uns nach der drei Tage und Nächte dauernden Schaukelfahrt sanitär wieder halbwegs auf europäischen Standard zu bringen. Nur die Gesichter sind auch danach noch etwas verwachsen. Ein kräftiges Bordfrühstück oder schon mehr ein Brunch bringt frische Lust zu neuen Abenteuern. Die braucht vor allem Felix, denn die unbeabsichtigt zum Masttopp hinaufgerauschte Dirk gefällt ihm gar nicht. Bei einer wackeligen Luftfahrt holt er diese wieder von oben herunter und befestigt sie am Baumende.
Zur Kapverden-Insel Sal ist es nicht mehr weit ~ Was machen denn die Dirk und der Felix auf dem Mast? Die Aussicht genießen!
Diverse weitere Service-Arbeiten werden erledigt. Da nun wieder ein recht kühler, steifer und sandbeladener Wind durch die Bucht zieht und der Himmel bedeckt ist, lassen wir den beabsichtigten Landausflug sausen. Wir bleiben an Bord und sparen uns so den eigentlich vorgeschriebenen Einklarierungskram (was auf den Kapverden bei jeder Insel neu erforderlich wäre), der für den kurzen Aufenthalt doch viel Aufwand darstellen würde. So bleiben wir an Bord und es wird ein Relax-Nachmittag mit Schlafen, Lesen, Berichte schreiben etc. Zu späterer Stunde werden die Köche aktiv. Heute gibt es Thunfischsteaks aus der Tiefkühlbox, Kartoffel im Grande-Format und im rosa Design. Felix macht den Chef de Cuisine für ein prima Essen, Christian den Assistenten. Es schmeckt bald vorzüglich und ist zudem äußerst reichlich. Wein und ein Rum-Cocktail runden den gesprächigen Abend ab. Danach folgt eine sanft schaukelnde, ruhige und absolut schlagfreie Buchtennacht, schlichtweg eine Erholung für Geist und Körper.
Mi. 28.02.2024
Nach dem Bordfrühstück starten wir um 09:00 von Sal aus die Rückfahrt nach Mindelo auf Sao Vicente. Die rund 120 Seemeilen wollen wir nonstop über dem Wind, also nördlich von Sao Nicolau und Santa Lucia absolvieren. Die Luftbewegung ist jedenfalls vorerst mäßig, allerdings legt diese nach der Buchtenausfahrt gut zu und wir düsen schließlich bei bis zu 20 Knoten Schub aus NNE Richtung Westen. Die Wellen werden zunehmend recht mächtig und die Fahrt entwickelt sich wieder zum schon sattsam bekannten Schleudergang. Später kommt bei mehr ostdrehendem Wind auch der Gennaker statt der Genua zwischendurch zum Einsatz. Kurze Regenschauer in kleinzelligen Squalls sorgen für Abwechslung. Schiffsverkehr ist außer uns keiner. Fliegende Fische schweben zu Hauf vor uns über die Kämme, manches Exemplar landet dabei an Deck (und macht viel Sauerei mit den verlorenen Schuppen). Auch ein Hai, dessen Dreiecksflosse wir aus der Entfernung erst für eine schwarze Fischerboje halten, passiert uns seitlich. Bei stockdunkler Nacht, weil der Mond erst später aufgeht, beenden wir zwar den 28. Februar, aber noch nicht den Monat, weil uns dieser im Schaltjahr noch eine Draufgabe schenkt.
Regentropfen auf Saharasand macht undurchsichtig ~ Einer von zahlreichen (nicht mehr) Fliegenden Fischen ~ Gennaker-Rauschefahrt
Do. 29.02.2024:
In der Ferne tauchen die ersten Lichter der Insel Sao Vicente auf. Die späteren Nachtstunden sind auch nur teilweise mondhell, aber bei der Zu- und Einfahrt nach Mindelo ist der Erdtrabant da und recht brauchbar. Um 05:30 steuert Felix an den Tankstellen-Schwimmsteg und wir machen fest. „Wellcome to Mindelo, have a nice day!“ meint der Skipper zu seiner vollzählig angetretenen Crew und damit hat er diese und seine El Greco IV nach dem Gambia-Törn wieder gut zum Startort zurück gebracht – Applaus, Applaus. Nach etwas Schlaf bis zur Öffnung der Tankstelle füllen wir diesmal alle Treibstoffbehälter ganz konventionell mittels Schlauch, also ohne Beiboot und Kanister. Nun verlegen wir anschließend die El Greco IV in die Marina und vertäuen sie dort besonders sorgfältig, soll sie doch hier nach unserer Abreise für einen Monat alleine bleiben. Nun genehmigen wir uns schöne Omelette oder Ham and Eggs etc. in der Floating Bar und machen dabei eine kurze Planung für den restlichen Aufenthalt – es sind doch einige Arbeiten am Schiff und bei den Behörden zu erledigen. Die Sachen in den vorderen Bugstauräumen müssen alle an die frische Luft (weil die Luken nicht ganz dicht sind) und später trocken wieder verräumt werden (Taucherausrüstung, Schwimmwesten, Matratzen, Planen, Sitzauflagen etc.).
Nachtansteuerung von Mindelo ~ El Greco wieder gut zurück in der Marina ~ Felix der Glückliche ist erleichtert
Felix erledigt nun das Einklarieren. Zwischendurch führt Christian, der sich schon gut auskennt, Ferdinand und mich ein wenig durch die Altstadt von Mindelo: die Fischmarkthalle ist leider schon leer, aber viele andere Stände und auch Souvenirgeschäfte haben offen. In den Straßen und Gassen finden wir zahlreiche hübsche Bauten und alles ist im Verhältnis zu Gambia recht sauber (der Ausnahmezustand während des Karnevals hatte zuvor einen anderen Eindruck hinterlassen).
Cesaria Evora, die berühmte Sängerin der Kapverden (1941-2011) als Hausfassade – und weitere schön bunte Gebäude in Mindelo.
Beim Rundgang treffen wir zufällig auf Ismael, welchen Christian schon kennt, der als Touristen-Agent auch Besuche auf Santo Antao organisiert. Ferdinand und ich wollen morgen mit einer Fähre zur sehr interessanten Nachbarinsel übersetzen und dort eine Besichtigungstour machen. Wir werden schnell handelseinig und der zuverlässig und kompetent wirkende Kreole ist damit beauftragt. Zum Abendessen sitzen wir schließlich, wie vor der Abfahrt auch schon, wieder im Club Nautilus und versorgen uns gut. Der nachfolgende Tagesabschluss auf der El Greco IV ist weitgehend einem Thema gewidmet – es betrifft unsere Club-Homepage ycbs.at, weil diese aus irgend welchen Gründen nicht aufrufbar ist. Offenbar gibt es gerade größere Troubles beim Provider. Zum Verständnis: Ferdinand ist unser Website-Guru in technischer Hinsicht und ich fabriziere die meisten Inhalte, Felix fungiert momentan als geschäftsführender Vereinschef und Christian ist langjähriger Ehrencommodore, soll heißen – wir sind betroffen und auch zuständig. Ferdinand checkt nun manche Verbindung, kann aber aus der Ferne nichts weiter unternehmen, als per Email entsprechend über das Problem zu informieren.
Fr. 01.03.2024:
Heute sind wir zeitig aus den Kabinen. Christian verkocht Gemüse und die letzten Eier zu wohlschmeckenden Omeletten fürs Frühstück. Um 07:15 brechen Ferdinand und ich schon auf zur Fährenmole und setzen zusammen mit vielen weiteren Passagieren in einer Stunde Wellenfahrt bei kräftigem Seitenwind aus NE nach Santo Antao über. Ein Taxler namens Gai erwartet uns im Porto Novo schon mit einer Namenstafel und bald rumpeln wir mit seinem admiralblauen Renault über die Pflastersteinstraßen und erkunden gemeinsam die eindrucksvolle Insel. Erst durchfahren wir den total trockenen Süden, dann die wilden und bizarren Berge und schließlich den feuchten und fruchtbaren Norden. Den eher unerschlossenen wilden Westen heben wir uns für ein andermal auf. Alles in allem wird es ein recht spannender Tag, wenngleich die Wetterbedingungen recht verblasen sind und es in den Bergen etwas neblig oder wolkig ist – trotzdem sehr empfehlenswert.
Fährenfahrt nach Santo Antao ~ Auf Steinpflaster durch und über die Berge ~ Eine verwegene Route (einst von Sklaven mühevoll erbaut)
Üppige Vegetation im Norden von Santo Antao ~ Bananen, aber auch viel Zuckerrohr ~ Rohrmelasse wird zu Grogue (Rum) vergoren
Während wir auf Tour sind, wird von Felix das Schiff außen vom vielen Salz und Saharasand befreit – der Dampfstrahler muss dabei ganze Arbeit leisten. Christian ist derweil auch nicht arbeitslos, so repariert er das Trampolinnetz am Vorschiff wie ein professioneller Fischer seine Fanggerätschaft. Aber auch ein Besuch beim Konditor geht sich für die beiden aus, um den abfallenden Zuckerspiegel wieder kräftig anzuheben. Am Abend kurz nach 18 Uhr erwarten uns die beiden Mindeloer schon beim Fährhafen, um die zwei Antao-Besucher zu einer etwas nördlicher gelegenen Pizzeria gleich mitzunehmen. Gut vollgegessen segeln wir dann buchstäblich mit Vorwind durch halb Mindelo zur El Greco zurück, weil dieser von hinten derart anschiebt, dass wir wie die Spinnaker aufgeblasen werden. Auch in der Marina bläst es stark und wir werden etwas leinenruppig in den Schlaf geschaukelt.
Sa. 02.03.2024:
Nach der Tagwache und Morgentoilette treffen wir uns in einer Patisserie, wo Felix auf seine Crew schon wartet und dabei eine Roulade oder zwei verdrückt. Keine Sorge, die hinten gut ausgebaute Zuckerbäckerin hat auch für uns noch ausreichend kalorienreiche Kost zu verteilen. Ferdinand und ich machen anschließend einen Abstecher zum Fischmarkt (weil dieser zuletzt schon leergeräumt war), wo nun aber sozusagen die Hölle los ist. Unmengen von Meeresbewohnern unterschiedlichster Art werden angeboten und auch vom drängelnden Publikum gekauft. Außerhalb der Halle am Fischersteg geht es nicht minder zu und es kommt noch immer frische Ware nach. In einer eigenen Abteilung kann man die erstandenen Fische auch gleich professionell filetieren lassen. Für uns ist das nun aber zu spät, wir brauchen keinen Versorgungseinkauf mehr.
Beim Fischmarkt in Mindelo rührt sich was (sogar manche Fische noch) !
Was wir brauchen, das sind volle Gasflaschen und beim Zurückgehen tauschen wir gleich die Leeren, damit für die nächste Reise ausreichend Energie bereitsteht. Nun ist große Schiffsinnenreinigung angesagt, jeder in seiner Kabine und natürlich auch in der Nasszelle. Zuletzt kommen noch die Gemeinschaftsräume dran. So verstreicht die Zeit wie im Flug, wobei die Arbeit insofern nicht so schlimm ist, weil das Meer heute in keiner Weise mehr lockt. Nach wie vor orgelt es, pfeift in den Wanten und reißt an den Festmachern – auch in der Marina. Am Abend sitzen wir wieder hoch über Mindelo in der Casa Marel, wo wir von Felix großzügig auch noch zu einem Skipperessen eingeladen sind und speisen dort neuerlich ausgezeichnet.
So. 03.03.2024:
Am Morgen räumen wir bald unsere Kabinen und stauen das Gepäck im Wintergarten der El Greco IV, damit auch die Böden und der Salon noch sauber gemacht werden können. Danach marschieren wir ein letztes Mal in Mindelo zum Frühstück, wieder zur gemütlichen Patisserie für ein paar sonntägige Kuchenrouladen udgm. Leider lassen hier einige Trinkbrüder gerade ihre durchzechte Nacht unheimlich lautstark ausklingen, sodass der Abschiedsbesuch akustisch sehr ungut ausfällt. Zurück am Schiff verstaut Felix noch reichlich Sitzpölster und Rückenlehnen und macht die El Greco IV für etwa vier Wochen endgültig winterfest oder hier wohl richtiger windfest. Für danach ist ja eine Atlantiküberquerung nach Barbados geplant und viele Vorbereitungen hierzu wurden schon getroffen. Schließlich rollt das Gepäck zur Floating Bar und Ferdinand finanziert uns einen letzten Drink: es gibt Gin, Gin Tonic oder nur Tonic zum Abschied von Christians Lieblingskellnerin.
Die Floating Bar in der Marina Mindelo ~ Ein Abschlussdrink ~ Der Kapitän verlässt als letzter sein Schiff
Felix‘ Leibtaxler transportiert das Gepäck und uns auf seitlichen Holzbänken am offenen Pritschenwagen zum Flughafen. Da pfeift uns der Wind zum Abschluss noch einmal um die Ohren, fast mehr als draußen am Atlantik. Der Flug nach Lissabon hat kaum Verspätung und wir landen dort problemlos, machen nur mit Handgepäck den kurzen Weg zum Hotel Star Inn, essen gut zu Abend vor einer ausreichend ruhigen, aber doch etwas verkürzten Nacht.
Mo. 04.04.2024:
Die Tagwache hat die Stundenanzeige am Fünfer. Nach einem frühen Morgenkaffee bzw. -Tee und allerhand Zusatz vom Buffet geht’s schon wieder zum Flughafen. Unser Hauptgepäck ist ja schon dort und wir auch nach kurzem Fußmarsch. Sicherheitskontrolle, Bording, Flug nach Munich, das Gepäck kommt zum Glück nach etwas längerer Wartezeit doch auch auf den Rollbändern daher. Der Shuttledienst vom Parkservice steht schon beim Ausgang und bald räumen wir unsere sieben Sachen und uns selbst in das abgestellte Auto. Trotz hartnäckiger Warnanzeige wegen Übergewicht bringt uns der Mercedes-Kombi rasch nach Ranshofen. Dort sind die Frauen zur Übernahme der Heimkehrer schon vorgefahren bzw. aus dem Haus gekommen. Ein herzlicher Dank an Felix und die Kollegen geht von Mund zu Mund. Die rasche Verabschiedung verhindert sentimentale Gefühle, beendet diese abenteuerliche Reise und trennt das Quartett Felix, Christian, Ferdinand und Anton. Gereimt: Gut drei Wochen sind vorbei und es ist grad ein Viertel nach zwei ( = 14:15 MEZ in Ranshofen, 13:15 GMT in Gambia oder 12:15 CVT auf den Kapverden).
Die El Greco IV macht Pause in Mindelo ~ Mit Air Portugal fliegt die Crew nach Hause ~ Das Erdinger Moos und damit München
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Mein kurzes Törn-Resümee fällt ambivalent aus:
Es war zweifellos ein interessantes Erlebnis mit einer kompetenten Crew auf einem komfortablen Schiff. Die Route und das Ziel, für mich neu, haben beeindruckt, aber nicht durchgehend begeistert. Wegen meiner mangelnden Seefestigkeit am Atlantik konnte ich streckenweise die Reise wenig genießen. Abgesehen davon gefiel mir Mindelo recht gut, Gambia zwar auch, aber es wäre auf Dauer nicht so meine Welt. Die Menschen dort haben mich mit ihrer freundlich und aufgeschlossenen Art berührt, ihre Lebensweise ist allerdings für einen Mitteleuropäer doch sehr gewöhnungsbedürftig. Ich bin zwar kein zu pedanter Sauberkeitsfanatiker, aber das Erste, was ich als Verantwortlicher in diesem kleinen afrikanischen Land angehen würde, das wäre das Müllproblem – den Menschen dort und der Umwelt zuliebe.
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PS:
Danke an die ausdauernden Leser fürs Mitkommen und Durchhalten bis zum Schluss. Wer nach einer Verschnaufpause auch für den Transfer der El Greco IV von den Kapverden nach Barbados in die Karibik noch Energie hat, der kann sich mit einer frischen Crew und einer gestürzten Berichtsform mit auf die Reise begeben. Der Zustieg ist einfach – es braucht nur einen Link-Klick zum Abenteuer über den Atlantik !
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