Ostern ist nicht gleich Ostern. Was in der zentralen Mitte Europas heuer schon am letzten Märztag und am 1. April gefeiert wurde, das konnte man am südlichen Balkan fünf Wochen später noch einmal zelebrieren, allerdings nun griechisch orthodox. Aber nicht des Auferstehungsfestes wegen besuchten wir heuer die Helenen, sondern wir wollten erstmals mit der Frühjahrsrunde der Segler des Yachtclub Braunau-Simbach das Revier der Ionischen Inseln erkunden.
Sieben Segelyachten für 45 Crewmitglieder warteten in der Marina Lefkas bzw. im Stadthafen. Erst musste angereist werden. Am 4. Mai 2024 um 02:30 in der dunklen Morgenfrühe stand die Seglerschar am Messeparkplatz in Braunau bereit, bestieg den Transferbus zum Flughafen München, flog zum Aktion Airport bei Preveza, absolvierte dann noch eine halbe Stunde Shuttlefahrt zur Insel Lefkada, um sich dort bei den jeweiligen Basen für die Übernahme der Yachten anzumelden.
Nachlesend brauchst du nicht anreisen, du kannst jetzt einfach in die Törns einsteigen und ein paar Eindrücke aufsammeln. Vorerst ist es kaum Mittag und die Schiffe können ab dem frühen bis mittleren Nachmittag (laut Vertrag ab 17 Uhr) übernommen werden. Die Crews nützen die Zeit für einen Bummel durch die Gassen der Stadt, für ein wenig Shopping und auch für eine Einkehr zum Essen. Es ist viel los an diesem griechischen Karsamstag in Lefkas und das Wetter gibt sich zudem recht schön. Schließlich kann der Check-in erfolgen, die Kabinen bezogen und ein zwischenzeitlich von freien Crewmitgliedern erledigter Versorgungseinkauf eingeräumt werden. Die meisten Yachten bleiben für die erste Nacht noch in der Ausgangsbasis, schließlich sind wir alle ja schon etwas müde nach diesem früh begonnenen Anreisetag.
Am Ostersonntag kann es losgehen. Die eine oder andere Abklärung von offenen Fragen oder Behebung von Mängel muss noch erledigt werden, dann fallen die Moorings und die Enge der Liegeplätze wird durch zeitlich unterschiedliche Ausfahrten beseitigt. Vorerst hat die große Freiheit noch eine laterale Begrenzung – es geht nach Süden im Kanal von Lefkas. Jede der sieben Crews ist nun bis zum Mittwoch am Abend auf individuellen Routen unterwegs. Eher nur zufällig kommen Treffen an Buchten oder abendlichen Liegeplätzen zustande. Drei Feiertage liegen nun vor uns, denn zu den zwei österlichen gesellt sich auch noch ein griechischer Nachholer am Dienstag dazu. Dementsprechend vorausschauend hatte der Einkauf zur Versorgung der Crews erfolgen müssen.
Südlich des Kanals liegt nun das recht kuschelige ionische Seegebiet vor uns. Nach Backbord schwenkend gehts zur Epirus-Küste oder zu den Inseln Kalamos und Kastos, an Steuerbord liegt noch das südliche Lefkada und geradeaus Skorpio und Meganisi. Danach folgen adriaseitig Kefalonia und innen Ithaka. Damit ist unser Revier für die Freifahrtstage grob umrissen. Einige Ansteuerungsorte bieten sich hier an und werden auch von der einen oder anderen Crew genutzt, so z.B. Nidri und die Vlychonbucht, auch Syvota, beide auf Lefkada; auf Kefalonia Assos, Fiskardo und Sami; auf Ithaka Vathi, Kuoni und Frikes; die gleichnamigen Orte auf den Inseln Kalamos und Kastos; das malerische Palairos am Festland im Osten; dazu noch einige Buchten wie die bei Jackies Badehaus auf Skorpio; der Osmos Polis auf Ithaka, die One House Bay auf Atokos oder die Ambelakia als ein Beispiel für Meganisi. Zu dieser eigenwillig geformten „Großinsel“ und ihren Häfen kommen wir später noch.
Wie gibt sich das Revier nun für uns? Einmal von Wetter und Wind her betrachtet durchaus angenehm warm und nicht immer so flautig, wie es die Prognosen erwarten lassen. Die eine oder andere Yacht mag sich nach einer Motortour am Nachmittag oder gegen Abend mit prallen Segel schmücken und bei Rauschefahrt kräftig Lage schieben. Es wird auch den Feiertagen geschuldet sein, aber verblüffend viel Schiffsbewegung ist bereits in der beginnenden Saison zu vermerken. Auch die Häfen sind reichlich mit Booten befüllt und in den Tavernen tummeln sich zahlreiche Besucher. Dementsprechend hat sich auch das Preisniveau im Vergleich zu früheren Besuchen deutlich erhöht. An den Stränden freilich ist noch nicht all zu viel los, trotzdem testen wir das wunderbar klare Wasser mit seiner vorerst erschreckenden Frische. Vor allem die jüngeren Teilnehmer zeigen vor, dass Badefreuden auch unter kühleren Bedingungen möglich sind. Manche betätigen sich in den Mittagsbuchten alternativ auch durchaus erfolgreich als Fischer. Mit altem Weißbrot lassen sich schöne Exemplare anlocken, diese zu fangen ist schon trickreicher.
Dem Frühling sei ein Lob gewidmet! Bei Spaziergängen durch die Küstenorte können fast überall sein sattes Grün, die leuchtende Blumenpracht und die ersten Früchte bewundert werden: die wunderbaren Bougainvilleaen an Hauswänden und Pergolen, die weißen Lilien und bunten Rosen in den Gärten, die rot geschmückten Granatapfel- und Pfeifenputzer-Sträucher, die betörend duftenden Jasmine auf Strauch und Baum, die gelben Kakteenblüten, die saftig großen Orangen und Zitronen, die kleineren Früchte der Mispel oder die manchmal in Reichweite sich anbietenden reifen Maulbeeren in schwarz oder weiß. Die frühe mediterrane Vegetation begeistert immer wieder und wird im geschützten Ionischen Revier besonders augenfällig. Viele der Inselhänge sind satt begrünt durch Büsche und Bäume und so zwischen den Blaus von Himmel und Meer ein erholsamer Blickfang für den Betrachter. Was dabei aber auch auffällt, das sind die vielen Wunden in der Natur. Zahlreiche Hänge wurden und werden immer mehr von mächtigen Baggern bearbeitet, riesige Löcher in die Felsen gestemmt und anschließend mit Wochenend-, Ferien- und Chalets-Häusern bestückt. Der Tourismus macht leider auch vor dem Paradies der Ionischen Inseln nicht halt.
Kulinarisch betrachtet ist ein Besuch in Griechenland mit den vielen angebotenen Vorspeisen manchmal eine Herausforderung. Eigentlich würden diese ja oft schon genügen, aber dann kommt noch eine Hauptspeise dazu – Fisch, Calamari, Lamm, Pork, Stifado, Moussaka usw. – da reicht ein Mythos oder ein Retsina meist nicht aus, um kräftig nachzuspülen. Zum Glück gibt es ja auch noch den Anis in flüssiger Form zum Drüberstreuen. Manche Wirte bringen den Ouzo als Beigabe zur Rechnung – ein leider seltener werdender Brauch. Diesmal allerdings wird die Crew des Schreiberlings am Sonntag abends mit roten Ostereiern überrascht, was wir wirklich ausgesprochen passend finden (und die Löwenmilch schütten wir dann im Kellerstüberl unseres Schiffes nach).
Nun sind wir bereits beim mittwöchigen Nachmittag und die einzelnen Yachten sammeln sich allmählich am vereinbarten Treffpunkt, es ist dies die Odyseas Marina in Vathy auf Meganisi. Um 18 Uhr gibt es ein erstes Skipperbriefing, wo ein möglicher Verlauf des nächsten Tages besprochen wird. Beabsichtigt ist eine Wettfahrt der sieben Yachten zur Ermittlung des YCBS-Clubmeisters 2024. Vorbereitet und bekanntgemacht wurde vorab eine Umrundung von Meganisi. Nun aber sagt die Prognose für den Donnerstag dafür zu wenig Wind voraus. Wettfahrtsleiter Christian favorisiert nun eine Strecke weiter südlich um die Insel Arkoudi, weil sich die Lage dort offener darstellt. Beim zweiten Briefing am nächsten Morgen schaut es aber nördlich von Meganisi etwas besser aus und so sind wir alle ab 10 Uhr dort auf Startbereitschaft für einen neuen Kurs südlich und westlich um Skorpio herum, dann hinauf zum Norden der Insel Sparti und an der Ostseite wieder zurück. Drei Zwischenzeitnahmen für eine eventuelle Bahnverkürzung sind definiert und auch die Zielpeilung abgeklärt.
Nun beginnt ein Geduldspiel mit mehreren Startverschiebungen. Endlich kommt ein Hauch von einem Hauch in die Segel und wir starten um 12:30. Aber kaum losgefahren hängen wir schon wieder in einer zähen Flaute und mühen uns redlich um jeden Meter. Zwei Schiffe versuchen ihr Glück mehr nördlich, die anderen südlicher und letztere kommen irgendwann (kurz vor einem Abbruch) doch früher in den Düsenwind aus dem Süden herauf und rauschen davon. Die Nachzügler haben keine Chancen mehr. Wer dann welche Plätze ergattern kann, das magst du bei der Siegerehrung weiter unten nachschlagen.
Nach der Wettfahrt treffen sich alle wiederum auf Meganisi, diesmal aber im Porto Spilia unter dem Ort Spartochori. Für den Abend ist ein Molenfest mit Taufe der Neulinge von Organisator Andy vorbereitet. Es gibt Wein und Knabbereien, dazu einen vom Jugendschiff beigesteuerten selbstgebackenen großen Kuchen und viel Geplauder. Aber dann erscheint Poseidon persönlich – im wallenden Gewand und mit seinem Dreizack bewaffnet. Begleitet wird er von seiner Assistentin, welche den Nektar des Meeres und eine schwarze Pütz mit sich führt. Erstseglerinnen und Erstsegler werden vom jeweiligen Skipper nacheinander aufgerufen und dann bleibt von ihnen niemand trocken – nicht äußerlich und auch nicht innerlich. Eine Urkunde bescheinigt abschließend die Aufnahme als Vollmatrosum (die gendergerechte Vereinfachung) in die christliche Seefahrt-Gemeinde.
Mittels Abendessen in der Taverna Porto Spilia stillen wir alle anschließend noch den Hunger und ersparen uns damit auch die Liegegebühren für die kommende Nacht, die uns nun Regen und später auch kräftigen Schwell bringt. Morgens ist der Spuck weitgehend vorbei, aber es ist kühler, wolkenverhangen und windig. Ein Bordfrühstück mit frischem Weißbrot aus der Taverna belebt die Sinne. Danach steht die Rückfahrt zur Stadt Lefkas an. Manche machen es sportlich unter Segeln mit Kreuzschlägen gegen den Nordwind, andere motoren – mit oder ohne Zwischenstation. Gegen Mittag ist die Sonne schon wieder heraußen und wärmt den Rücken. Bei der Einfahrt in die Marina ist noch Diesel zu tanken, dann kommt auch schon ein Lotse daher und zeigt uns den Weg zum gewünschten Liegeplatz. Ein letztes Einfädeln in die enge Mooringgasse, ein Dreher und das Heck schlüpft in die Lücke – fest! Ein baldiger schneller Check-out, die Freigabe durch den Taucher und die kurze Formalität im Basisbüro beenden die Charter-Abwicklung.
Für den Abend ab 19:30 ist die gemeinsame Abschlussfeier mit Siegerehrung angesagt. Organisator Andy konnte zuvor im Restaurant Mazi im östlichen Stadtbereich ausreichend Gartenplätze reservieren und ein Speisen- und Getränke-Arrangement als YCBS-Einladung vereinbaren. Jetzt bleibt aber noch ausreichend Zeit, um sich vor dem Treffen frisch zu machen, sich in der Stadt ein wenig umzusehen, vielleicht ein paar Mitbringsel einzukaufen oder einfach nur gemütlich sitzend dem südländischen Treiben in der lebhaften Fußgängerzone bei einem Eis, einem Greek coffee (Diplos ellinikos metrios), einem Mythos oder einem Ouzo zuzusehen. Schließlich ist es aber Zeit für den Abschluss. Für jede Crew ist die passende Tischgröße und Stühlezahl vorbereitet. Bald sind alle Plätze besetzt und die bildhübsch flotten Kellnerinnen servieren Getränke und Vorspeisen. Für die Hauptgerichte darf individuell aus der Speisekarte gewählt werden. Das Dessert kommt später einheitlich, aber davor platzieren Commodore Christian und Organisator Andy noch die Siegerehrung. Diesmal ist die Spannung nicht wirklich unerträglich, denn die klaren Gewinner waren als erste über die Ziellinie gelaufen und konnten auf Grund der Schiffsgröße von 41 Fuß unter Anwendung von ORC-Faktoren auch rechnerisch nicht mehr überholt werden. Der Aufruf der Crews in der Reihung vom letzten zum ersten Platz kann das Knistern auch nicht wirklich erzeugen, aber was solls – die Sieger freuen sich riesig und strahlen mit lachenden Gesichtern in die Objektive der Smartphones. Dies tun aber auch alle anderen zuvor bei bester Stimmung, wie aus den Aufnahmen im Cup-Blog sehr gut ersichtlich wird (und welche deshalb hier weggelassen wurden).
Natürlich geht von Commodore Christian eine herzliche Gratulation an die Sieger, aber auch an die Platzierten, dazu ein großes Danke für die gute Stimmung und die zahlreiche Teilnahme an dieser Cup-Veranstaltung im Ionischen Revier. Als ganz besondere Freude ergänzt der auch gerne YCBS-Odysseus genannte Clubchef noch das Mitmachen einer zweistelligen Anzahl von jungen Leuten und deren erfreuliche Beiträge für die Gemeinschaft. Dies bringt während der Siegerehrung für die ältere Generation auch meine Frau Elisabeth in einer kurzen Mundart-Laudatio als Gedicht dankend zum Ausdruck. Im Ausklang wird noch von einigen über Mitternacht hinweg geplaudert, dann aber folgt für alle ein letzter Schlaf vor dem Verlassen der Schiffe am Morgen.
Die Heimreise ist zwar noch mit etwas Aufregung verbunden, weil das Shuttle zum Flughafen nicht zum vereinbarten Zeitpunkt kommt, aber nach etwas Troubleshooting wird das Problem gelöst. Alle kommen schließlich gut in München an und auch eine sich nicht öffnende Flughafentür kann uns nur kurzzeitig aussperren. Samt Gepäck besteigen wir schließlich den Bus nach Braunau und bald sind nach einer Woche Törn-Urlaub alle wieder wohlbehalten in der Heimat zurück. Bei den Abschiedsworten vor der Rückkunft verrät uns Christian bereits die angedachten Reviere fürs nächste Jahr: es sind dies das Kvaneric-Gebiet, das toskanische Revier um Elba oder Mitteldalmatien.
Ante darf sich abschließend noch bei den nun via Homepage mitgesurften Segelfreunden herzlich bedanken und hofft sehr, dass wir uns im Mai 2025 beim nächsten YCBS-Cuptörn, zumindest nachlesend, alle wieder treffen werden.
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