tro15-00-trogir-crewAuf geht’s – immerhin eine Woche Zeit für eine Wasserreise! Ab dem sehr reizvollen mitteldalmatinischen Trogir wollen wir in die obere maritime Sackgasse der Halbinsel Pelješac, hinein ins Malo More, vorbei an Klek vor dem bosnischen Korridor und weiter bis zur Kuta-Bucht mit Besuch von Mali Ston – diesmal nicht vom Süden her über den wehrhaften Hügel zu Fuß, sondern per Segelschiff bis zum Austern-Restoran Kapetanova Kuča. Für den Rückweg dürfen es das weite Mündungsgebiet der Neretva und die langen Küsten des Biokovo-Gebirgszugs – die Makarska-Riviera – sein. Die boraberüchtigte Vrulja-Bucht und Omiš sind mit eingeplant. Die Insel Brač soll uns zudem die erste und die letzte Nacht beherbergen. Die Wetterprognose ist prima, aber was meint Äolus dazu – stellt er wenigstens seinen Maestrale ausreichend für uns bereit?

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Im vergangenen Jahr hatten wir im August die Bora-Löcher am Velebit besucht. Dabei wurden wir von unserem jüngsten Sohn mit Freundin unterstützt. Heuer passte es terminlich nicht so gut, also reduzierte sich die Crew auf diesmal zwei Personen, genauer zwei Oldies, zwei mit grauen Haaren, aber jungen Herzen – sh. ElisAnte-Selfie oben.

Der schnelle Fakten-Überblick:

Yacht – Sun Odyssey 35 – die BELA VERONIKA
kleine Crew – Elisabeth & Anton (Kurzform ElisAnte)
Charter-Argentur – Master Yachting Deutschland die Motivation – viel Segeln und Weißflecken färben
Stützpunkt – Waypoint in der ACI-Marina Trogir zurückgelegte Loggenstrecke – total 226 Seemeilen
Zeitraum – die Woche vom 6. bis 13. Juni 2015 unsere Route – siehe nachstehende Übersichtskarte

Der Samstag  steht für Vorlauf. Die ca. 800 Kilometer weite Anreise nach Trogir erledigen wir staufrei und problemlos via Graz, Slowenien und die kroatische Autobahn in rund 8 Stunden bis 16 Uhr bei Tag. Schon um 17:30 ist dank zügiger Abwicklung durch Waypoint und uns die Schiffsübernahme und der Bezug abgeschlossen. Das ist gut so, schließlich gibt es sich recht warm hier und daher verholen wir uns nun stressfrei in die dank Veliko i Malo Pivo (sh. Aufnahme rechts) kühleren Altstadtgassen.

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In Trogir übernehmen wir die BELA VERONIKA und freuen uns auf eine interessante Segelwoche !


Am Sonntag
geht es zeitig los. Das Ablegen in der engen ACI-Marina Trogir funktioniert mit der kompakten 35er problemlos – eine etwas verzögert freigegebene Heckleine ersetzt das fehlende Bugstrahlruder (so küssen wir – unser Nachbar hatte es gestern gemacht – die gegenüberliegenden Schiffe nicht). Das Wetter ist herrlich, dafür der Vortrieb motorig. Gleich auf der Südseite der Insel Čiovo testen wir schon um 09:30 in der langen Bucht (Uvala Duga) unseren Anker und fragen danach recht gespannt: „Koliko stepeni ima voda?“ (Wieviele Grad hat das Wasser?). Es hatte die Zeit davor zumindest in Österreich heuer viel geregnet und wir erwarteten recht frische Temperaturen, aber welch freudige Überraschung: angenehm – sehr angenehm! Um es gleich vorweg zu nehmen – wir nutzen in der kommenden Woche jeden Tag ausgiebig das herrlich warme Adriawasser.

Nun legen wir Kurs zur Nordwestecke der Insel Brac an. Ab 11 Uhr prüfen wir nach Anker und Wasser nun auch erstmalig die Segel. Bei 8 bis 10 Knoten sind das beste Anfangsbedingungen. Unser Schiff aus 2004 wurde 2012 neu eingekleidet und die Tücher stehen – die zweite freudige Überraschung – recht gut. Da passt auch der Stander unseres Yachtclubs ausgezeichnet unter die Backbord-Saling (noch ist er allerdings von der Anreise etwas verknittert). Die Steuerfrau goutiert es mit einem freundlichen Lachen, vor allem auch deshalb, weil das „Schöne Vronerl“ auch bei diversen Manövern einwandfrei zu führen ist (auch bei mehr Wind und Welle, wie wir später noch vermerken dürfen). Gegen 12:30 legen wir eine Buchten-Mittagspause beim genau 100 Meter hohen Golo brdo (nackter Berg) an Brač ein. Schwimmend unterwerfen wir uns der Bekleidungsempfehlung des Hügels vor uns. Später setzen wir uns windrichtungsbedingt wieder etwas von der Insel ab, lassen Sutivan (St. Johann), die Fähre von Split samt Supetar (St. Peter) sowie Postira an Steuerbord liegen und biegen nach einem erfreulichen Segelnachmittag in die schmale Uvala Pučišća ein.

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 Wir testen den Anker, die Wassertemperaturen und auch die Segel unserer BELA VERONIKA !

In Pučišća (Zungenbrecher – sprich „Putsch-isch-dscha“) wird das Leben vom Steinbruch, welcher sich am östlichen Eingang zur Bucht befindet, deutlich geprägt. Überall stehen Skulpturen herum, viele Einfassungen sind aus Stein und auch neue Häuser entstehen geschmackvoll im alten venezianischen Stil). Dieser kleine Ort gefällt uns ausgesprochen gut. Um 17:15 ergattern wir gerade noch den letzten Mooringplatz am Kai (die Yacht nach uns muss schon in der Bucht ankern). Beim Anlegen hilft uns ein aufgewecktes Crewmitglied vom Nachbarschiff bei den Achterleinen – Fredi ist sein Name, wie wir später noch erfahren werden. Wir schlendern um den Hafen, suchen uns danach eine gemütliche Konoba fürs Abendessen und lassen uns im lauschigen Gastgarten Dalmatinisches munden. Zurückgekehrt beim Kai ist der Festmacher-Kollege so frei, uns auch noch gleich auf seinen Katamaran ins Cockpit einzuladen. Da sitzen wir dann eine gute Zeit bei Sommerspritzer und erfahren in einwandfreiem Oberösterreichisch so manches. Die Crew der Barbarossa kommt aus St. Marienkirchen an der Polsenz (nahe Grieskirchen) und alle haben – man glaubt es kaum – ihr Skipperhandwerk bei der Braunauer Segelschule Ebner erlernt. Übrigens hat keiner der lustigen Kerle einen roten Bart, wie es der Schiffsname vermuten ließe.

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Pučišća in der gleichnamigen Bucht auf der Nordseite von Brač gefällt uns gleich zum Auftakt ganz besonders !


Ein Montag
  ist standardmäßig ein Werktag (oft auch bei Pensionisten), also halten wir uns auch hier daran und arbeiten uns vorwiegend unter Segel tüchtig in Richtung Halbzeit-Ziel voran. Für den Liegeplatz inkl. Strom, Wasser und die netten kleinen Sanitäranlagen hinterlassen wir zuvor 220 Kuna beim Hafenmeister von Pučišća für unsere Meterlänge von 10,43. Ein kräftiges Frühstück an Bord nach Einkauf liegt genau so hinter uns und hält gut bis Mittag. Da sind wir dann schon – es ist punkt 12 Uhr als die Ankerkette rasselt – in der Uvala Rasotica gleich unter der Ostspitze der Insel Brač. Phantastisch klares Buchtenwasser und herrliche Stille versüßen uns die Pausenzeit. Um 13:30 packen wir’s wieder an und und zielen auf die Ostspitze der nächsten Insel – diesmal lautstark mit Maschine. Rund 3 Stunden später passieren wir diese, wobei der schicke Leuchtturm gerade vor uns der wild brummenden Jadrolinja-Fähre auszuweichen scheint. Navigatorin Elisabeth trifft jedenfalls nach Brač auch an Hvar vorbei.

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Rt. Lascatna auf Brač und Rt. Sućuraj auf Hvar sind die östlichsten Ecken der beiden langen Inseln Mitteldalmatiens !

Auf Höhe Sućuraj springt der Wind wieder an. Wir setzen die weißen Tücher und durchpflügen das wellenzarte, in der Nachmittagssonne traumhaft glitzernde Meer. Am Horizont entschwindet allmählich die letzte noch sichtbare Segelyacht nach Westen, wohl mit Ziel Korčula. Nun sind wir ganz alleine auf weiter Flur. Vor uns liegt die Nordseite der Halbinsel Pelješac mit ihren sattgrün bewaldeten Hängen, auf die wir unter 160 Grad zum 7,5 Seemeilen entfernten Trpanj als Tagesziel zusteuern.

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Wir durchstreichen ein mit Spitzlichtern besetztes, funkelndes Perlenmeer !

Um 18 Uhr legen wir im Hafen von Trpanj westlich der Fährenmole röm. kath. mit Mooring und Heck zum Kai neben einem einzigen schon festliegendem Segelschiff an. Vorerst ist alles ruhig, wenngleich im Norden hohe Kumulustürme in den Himmel wachsen. Wir durchwandern den Hafen des touristisch sich noch einfach gebenden Ortes und besuchen die Gospa (Marienstatue) auf dem in den Wellenbrecher integrierten großen Felsenriff (Veli Školj) vor der Küste.

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Unser beschützendes Gegenüber im Hafen von Trpanj: die Madonna auf dem großen Felsenriff !

Anschließend halten wir uns landeinwärts in Richtung der etwas zurückversetzten Kirche und steigen auf den Hügel dahinter – ein prächtiger Rundblick belohnt uns. Die Wolken formieren sich allmählich zu einer bedrohlichen Wand. Zurück im Hafen genehmigen wir uns eine schnelle Pizza in einem Gastgarten am Kai. Wind kommt auf und das Wasser wird unruhig. Zurück beim Schiff treffen unsere slowenischen Nachbarn schon Vorbereitungen wegen des nahenden Gewitters. Auch wir sehen uns um: unsere nicht mehr besonders vertrauenswürdige und gestückelte Mooringleine können wir leider nicht durch eine zweite unterstützen, die recht kurz geratene Pasarela holen wir ein, den Heckleinen geben wir etwas mehr Bewegungsfreiheit, alle Luken werden geschlossen. Blitze zucken im Norden und schon fallen die ersten Tropfen. Da wir keine Sprayhood haben und auch das Bimini nicht überwältigend groß ausgefallen ist müssen wir in den gut beheizten Salon und auch noch den Niedergang schließen. Es prasselt aufs Verdeck und schaukelt mächtig, dann kracht es wieder zwischendurch. All zu wild wird es schließlich nicht und eine gut gekühlte Flasche Bijelo Vino leitet in einen recht gemütlichen Kojenabend über.

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Ein abendliches Gewitter bringt ordentlich Regen, aber der nächste Tag ist wieder gut für Schmetterlinge !


Für Dienstag
  ist ein Ausflug in die Sackgasse, durchs Kleine Meer und ganz zurück in den Kanal Mali Ston bis zur Kuta-Bucht geplant. Erst gibt’s frisches Brot von den besonders freundlichen Frauen in der Bäckerei (wegen der kroatischen Abwicklung: „Dobro jutro, svježi kruh molim, koliko košta, lijepa hvala i doviđenja“), dann folgt die Übergabe von 150 Kuna an den Hafencapo für Liegeplatz mit Strom, schließlich bekommen wir von unseren Schiffsnachbarn noch ein günstiges Angebot für einen nächsten Charter ab Split. Die Crew will westlich um die Halbinsel nach Korčula, wir verlassen Trpanj und steuern südöstlich hinein in den Neretvanski Kanal. Bei raumen und achterlichen Winden schaffen wir gute Fahrt. Keine zwei Stunden später liegt Drače an Steuerbord querab – die Glocke am Kirchturm schlägt eben elf und wir segeln im bezaubernden MALO MORE zwischen die kleinen Inseln hinein.

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MALO MORE: Ein Landschaftstraum in Pastell – wir flattern mit weiten Schwingen hinein ins Kleine Meer !


Oh, was für ein Wunder, etwas vorne und weiter innen sucht sich tatsächlich noch ein Segler zwischen den Eilanden einen Weg. Wir nützen eine gerade aufkommende stärkere Brise und ziehen hinüber zum Rt. Blaca und hinein in den Kanal Mali Ston. Unsere Freunde im weißen Kleid bleiben dümpelnd zurück. Nun passieren wir die stillgelegte Autobahn-Baustelle auf der Pelješac-Seite (ich komme später noch zu diesem Thema) und steuern die Verengung ab Rt. Nedjelja (Sonntags-Kap) an. Im nun immer schmäler werdenden Gewässer schlüpfen wir bald unter einer Stromleitung durch – die Meter rundherum noch kein Problem: Durchfahrtshöhe 20, Wassertiefe 13, Kanalbreite rund 350. Backbords wandert der Zugang zur Uvala Bistrina ein, aber in der ist ohnehin Ankerverbot und außerdem die Brücke der Jadranska magistrala dem Mast im Weg. Nun zeigen sich die Muscheln- und Austern-Farmen an beiden Seiten immer massiver und wir werden recht vorsichtig. Auch die laterale Betonnung ist zu beachten – bei nur 160 cm Tiefgang gleitet unsere Sun Odyssey aber locker über die 3-Meter-Flachs hinweg und nähert sich schleichend dem letzten Teil des Wassersackes, der Uvala Kuta.

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Im klaren Wasser der Kuta-Bucht sind sie beheimatet – die größten Austernzuchten Europas !


Hier ist es nun vorbei mit der Fahrt nach Südosten, wir haben den Scheitelpunkt, den Boden des Sackes, unser Ende der Welt für diese Segelwoche erreicht. Die kleinen Inseln in der Mitte rundend setzen wir etwas zurück und kurven hinüber zum nahen Ort am Berghang, dort wo es die Köstlichkeiten der Kuta-Bucht erntefrisch zu verkosten gibt: MALI STON – das kleine Ston passt heute genau für eine etwas spätere Mittagspause. Bei früheren Besuchen hatten wir die wehrhafte Siedlung an der Landenge der Pelješac-Wurzel schon zu Fuß von (Veli) Ston aus erreicht (wo wir mit dem Schiff vom südlicheren Dubrovnik und durch die Elaphiten her zu den Salzgärten anschlichen). Nun steuern wir direkt auf den runden Wehrturm am Wasser zu und hoffen auf einen Liegeplatz. Da haben wir natürlich die Rechnung ohne die Ausflugsschiffe-Wirten gemacht. Die einzige noch freie Stelle ist selbst für unsere  BELA zu flach – also retour, Bucht, Anker, Beiboot. Mit etwas Verzögerung sitzen wir trotzdem bald vor der Kapetanova Kuća und bestellen uns ein paar Austern zum kleinen Verkosten (der große Teller ist uns zu teuer) und einen ordentlichen Berg bestens zubereiteter Muscheln für den Hunger. Als Untermalung klingen ganz zart ein paar kroatische Weisen durch den Gastgarten – alles bestens, abgesehen von der lautstarken und quirlig knipsenden asiatischen Autobustouristen-Gruppe neben uns.

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Zwei Stück sind schon verputzt – Austern sind nicht schlecht, aber „a Schweinsbradl is ma liaba“ !

Die Entscheidung fällt schnell: Wir lassen das Übernachten an unserem eher offenen Ankerplatz vor Mali Ston und nutzen den restlichen Tag noch für eine Ausfahrt aus der Sackgasse. Wir wollen hinauf bis nach Blace am südlichen Rand des Neretva-Deltas. Für eine schöne Bade- und Kaffeepause nehmen wir uns jedenfalls noch Zeit. Bevor wir die Ankerwinsch einschalten, will ich dir noch eine kleine Überblickskarte zur besseren Vorstellung einblenden, schließlich kommt man nicht jeden Tag hierher:

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Unter der Herrschaft der RAGUSAner (heute Dubrovnik) kontrollierten die STONer den Zugang zur Halbinsel Pelješac !


Die Rückfahrt kann beginnen. Vorerst geht es unter Motor noch gemächlich gegen den Maestrale an, aber mit zunehmender Windstärke und -dauer werden auch die Wellen höher. Für’s Segeln genau gegenan fehlt uns heute Zeit und Muse, denn der Tag ist schon etwas fortgeschritten und die Strecke bis Blace doch noch 15 Meilen weit. Ab dem Rt. Nedjelja an Backbord halten wir uns festlandnah, also an der Steuerbordseite und damit am Korridor von Bosnien-Hercegovina. Wir wollen hier weder ankern noch anlegen, somit haben wir auch kein behördliches Problem. An der Adriamagistrale sehen wir erst die südliche Grenzstation und ab der Nordspitze der bosnischen Landzunge taucht auch die nördlichere auf, also die bei Klek, dem letzten kroatischen Ort davor. Kurz später eröffnet sich auch der Blick auf die bosnische Stadt Neum, welche etwas weiter südöstlich in der Klek-Neum-Bucht liegt.

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Die blauen Grenzstationen zwischen Kroatien und Bosnien !      Der Bauansatz einer Autobahnbrücke zur Halbinsel Pelješac !

Ab nun sind wir jedenfalls wieder auf kroatischen Territorium, was auch die Baustelle mit Kran und Betonpfeiler belegt. Hier war/ist? eine Brückenverbindung hinüber zur Halbinsel Pelješac in Planung. Die Realisierung wurde auch begonnen, aber wegen Finanzierungsproblemen zumindest vorerst eingestellt. Nun hofft man, dass EU-Fördermittel das Projekt wieder zum Leben erwecken und damit die beiden durch den bosnischen Küstenstreifen getrennten kroatischen Landesteile durch eine gut 2 km lange Brücke verbunden werden. Derzeit gibt es beidseitig je einen eisenarmierten Klotz und kräftige Landschaftswunden. Neuerdings hört man allerdings auch wieder vorrangig einiges in die Richtung, doch die einfachere Variante über bosnisches Staatsgebiet voranzutreiben.

Eine Seefahrt ist besonders lustig wenn es auch ein wenig spritzt. Die Wellen werden höher und unsere Veronika hüpft vereinzelt recht mutig über die Kämme, bevor sie dann unbeholfen ins Tal klatscht. Wir lassen ihr aber vorerst freien Lauf. Erst als ein Teller aus einem sich aufgebeutelten Schiebetür-Kastl fliegt, da nehmen wir den Gashebel etwas zurück. Landseitig geht es weniger bewegt zu. Die karstigen Hänge werden immer öfter durch sanftes, weinbepflanztes Grün ersetzt.

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         Spritzfahrt im späten Nachmittagswind !                                      Weinberge versprechen gute Ernte !

Das letzte Kap ist für heute gerundet, nun schwenken wir kurz vor der Mündung der kleinen Neretva entlang des Ufers in die äußere Bucht von Blace ein. In Ermangelung einer exakten Detailkarte (auch Karl-Heinz Beständig’s „888 Häfen & Buchten“ lassen hier genauere Angaben vermissen) nehmen wir unseren betagten Plotter als Info-Lieferanten und sind auf der Suche nach einem Ankerplatz, da die Mole von einem Fischerboot belegt ist. Wir tasten uns unter ständiger Beobachtung der Tiefenanzeige vorsichtig etwas herum und stecken trotzdem plötzlich sanft im Schlamm fest. Der Rückwärtsgang bringt keine Befreiung, aber der Wind passt bestens: die Genua zieht uns bei zusätzlicher Gewichtsverlagerung nach Lee bereitwillig aus dem Dreck (sh. Dreieck im Plot und rote Markierung am Luftbild). Eigentlich sollte es da ja noch tief genug sein, aber diese verdammten Flussmündungsgebiete haben eben immer wieder ihre Überraschungen im Talon.

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Das Ende der Mala Neretva mit Mündungsgebiet hinter den Buchten von Blace ! 

Es ist 19 Uhr und der Wind verabschiedet sich nun allmählich. Am Kai tummeln sich noch viele Kinder bis in die Abenddämmerung. Fischer in kleinen Booten fahren hinaus oder herein. Später ziehen sie auch Netze in immer enger werdenden Kreisen durch die Bucht und klatschen dabei aufs Wasser. Wir sitzen erste Reihe fußfrei bei Brot und Wein bis die Sterne am Himmel funkeln und der Ort zur Ruhe geht. Die unglaubliche Stille hält bis zum ersten Hahnenschrei.

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 Blace träumt sich bei gedimmter Beleuchtung in die Nacht hinein !


Mittwoch
  ist es heute schon und wir schwojen vor Blace genau auf dem 43. Breitengrad. Erste Schwimmer ziehen ihre Spuren in die spiegelglatte Bucht. Wir machen es ihnen gleich und lassen dabei ab und zu die Füße in die Tiefe sinken. Unten ist das Wasser badewannenwarm – welch Anomalie, gibt es hier heiße Quellen? Nach dem Frühstück erkunden wir den Ort in einer Runde und bestaunen vor einem Haus einen Kaktus in wunderbarer Blütenpracht. Ein alter Mann freut sich über die Bewunderer und erklärt uns begeistert seinen Garten in dreifaltigem Sprachbrockengemisch – kroatisch, englisch, deutsch: „Garden malo rustiko – viele Natur!“ und noch einiges mehr. Dann holt er eine Leiter hervor und pflückt für Elisabeth ein paar Marillen von seinem Baum – eine Morgenbegegnung der herzlichsten Art. Wir kehren zurück zum Schiff und lichten den Anker – diesmal mit viel Schlamm an den Flunken.

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Impressionen eines Morgens in der Bucht von Blace – lebst du noch oder träumst du schon?

Jetzt ist das Neretva-Delta dran, dieses fruchtbare Mündungsgebiet zwischen Blace im Süden, Opuzen östlich flussaufwärts und dem großen Handelsumschlagplatz Ploče auf der Nordseite. Hier heißt es etwas weiter ausschwenken, um nicht in die Auflandungen hinein zu geraten. Um 10 Uhr starten wir und setzen uns gemächlich in Bewegung. Nach der Mala Neretva (eigentlich ja ein Delta-Arm, kein eigener Fluss) kommt der Hauptstrom – die Neretva. Im Oberlauf durchfließt sie den geschichtsträchtigen und umkämpften bosnischen Ort Mostar mit seiner berühmten Brücke (kroatisch: Most), die im letzten Krieg gesprengt wurde und nun wieder originalgetreu errichtet ist.

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Vorbei am Delta der Neretva und dem kränereichen Ploče erreichen wir das Südende des Biokovo-Gebirges !

Ploče lassen wir absichtlich seitlich liegen – zu wenig Charme versprechen die Reiseführer und Revierkundler. Wir schicken mit der vor uns passierenden Fähre Grüße nach Trpanj hinüber und setzen die Segel. Zwar kommt er uns entgegen, der Wind, aber die See ist glatt für eine ansprechende Kreuz. Nun darf die mächtige Kulisse des Küstengebirges auf uns wirken. Orte kommen und gehen: Gradac, Drvenik (der Fährhafen nach Hvar/Sućuraj), Igrane (da pausieren wir zu Mittag ankernd vor dem Hafen), Podgora, Tučepi (mit seiner Marina), Makarska – als Tagesziel ist Baška Voda geplant. Es ist ein traumhafter Segeltag bei beständigem Maestrale, herrlichen Wolkenstimmungen und überwältigender Bergkulisse.

Jetzt ist es 17:30, der Wind legt – zur Uhrzeit passend – auf über 17 Knoten zu und wir sind noch gute 4 Seemeilen vom Schlafplatz entfernt. Nach den schon zahlreich gefahrenen Wenden, gut spürbar in den Winschenarmen, entscheiden wir uns nun für die eiserne Genua, also geht es Schlag auf Schlag: Motor an, Segel bergen, Kurs aufnehmen. Kurz drauf pfeift ein schriller Alarmton – oh du verdammte Schande. Eine schnelle Analyse ergibt den Ausfall der Motorkühlung. Eben zu dieser Zeit wird auch der Wind schlagartig abgedreht, aber wirklich komplett, und wir schaukeln antriebslos in den abendlichen Wellen ca. eine halbe Meile nordwestlich Makarska. Gutes Rad muss nicht teuer sein, so sagt die Werbung, aber wie sieht es mit dem Rat bei Maschinenpanne aus? Ein Anrufversuch mittels bekannt gegebener Nummer der Basis in Trogir bringt eine sonderbare Meldung, aber keine Verbindung. Ein Versuch über Seefunk-Kanal 17 und auch 16 mit dem Hafen von Makarska Kontakt zu bekommen führt zu null Reaktion (ist ja inzwischen schon nach 18 Uhr). Einzig der Wind hat ein Einsehen und springt wieder leicht an. Wir lassen uns von der nun tüchernen Genua zur Hafeneinfahrt ziehen, wo uns wegen der langsamen Fahrt, noch dazu unter Segel, die einlaufenden Ausflugsboote ordentlich zusammenpfeifen. Aber schon sind wir um den Wellenbrecher geschlüpft, starten den wieder einigermaßen abgekühlten Motor und tuckern mit Standgas das Segel einrollend zum Kai gegenüber. Eine gemischt bayrisch-preußische Crew hilft uns beim Anlegen – Motor aus. Nach Makarska wollten wir nicht, aber jetzt sind wir froh, da zu sein.

Eine kühle Blonde aus dem Bordkühlschrank ist nun besonders gut. Da taucht aber auch schon ganz schnell der Hafenkassier aus der Menge der vielen Kaiwanderer auf und knöpft uns, wohl als Dank für die Funkstille vorher, satte 330 Kuna für den Liegeplatz ab (Wasser, Strom und Sanitäranlagen exklusive). Wenigstens bringt er mir eine Verbindung zum Base Manager von Waypoint in Trogir zustande. In der Leitung ist also Milan Petranović (er ist mir von früheren Teilnahmen bei den Ecker 1000 Meilen Races bekannt und ich habe mit ihm auch bei der Schiffsübernahme kurz gesprochen) und er erklärt mir in bestem Deutsch das seltene Auftreten eines Kühlwasserabfalls bei Lagefahrt und die einfache Behebung des Problems. Es folgt: Seeventil der Motorkühlung zu, Wasserfilter auf, Wasser hinein, Deckel wieder zu, Motor an und Seeventil wieder auf. Nun spuckt unsere Maschine seitlich am Heck wieder wunderbar – keine Verstopfung, kein defekter Impeller, alles paletti.

Makarska ist voller Besucher und Urlauber. Wir durchwandern die Hafenpromenade, erklimmen den Petrusfelsen an der Hafeneinfahrt, runden über die Klosterkirche am Hügel und die Nordbucht mit den vielen Restaurants und Souvenirläden wieder zurück – welch Kontrast zur touristenberuhigten Zone im Sackgassenrevier.

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Sv. Petar (St. Petrus) auf dem Felsen, er hat uns das Tor nach Makarska aufgesperrt – im Schlüsselloch sehen wir unser Schiff.


Zum Donnerstag
gehören eigentlich Blitze. Nach der eher lauten Nacht laufen wir zumindest blitzschnell aus und verholen uns gleich hinter dem Leuchtturmhaus in die Uvala Donja Luka für Morgenbad und Frühstück. Erst gegen 10 Uhr machen wir uns per Maschine wieder auf den Weg: nach Kravavica und Baška Voda (das uns gestern versagt geblieben) steuern wir die Uvala Vrulja an, jene kahle Kerbe im Biokovo-Massiv mit besonders gefürchteter Bora (berüchtigt wie die Senjska Vrata). Für uns ist sie schönwetterzahm wie ein Lämmchen und zeigt das Sprudeln ihres austretenden Karstflusses im Buchtenscheitel.

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Die Vrulja-Bucht gibt sich windstill und lässt stattdessen ihr süßes Karstquellwasser kräftig sprudeln !

Zwischendurch wird die Gebirgsflanke sanfter und wir buchteln in Türkisgrün für eine Mittagsrast. Dann folgt das einstige Seeräubernest Omiš mit seinem fotogenen Wasserfall im schroffen Hintergrund und dem eindrucksvollen Durchbruch der Cetinja. Leider bleibt uns keine Zeit für einen Ausflug ins Gewässer flussaufwärts. Der Maestrale springt nun an und bald nach dem Umfahren des Mündungsflachs setzen wir Groß und Genua.

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 Das Adriawasser zeigt ihre Farben – mitten drin das einstige Seeräubernest Omiš an der Mündung der Cetinja !

Wieder ist uns ein super super Segelnachmittag gegönnt – diesmal in einem Schlag quer hinüber zum Nordwestende der Insel Brač, wo wir gleich um die Ecke in der Stipanska eine letzte Nacht, einen letzten Buchtentraum auf unserer BELA VERONIKA erleben dürfen. An Anker und Landleine gut versorgt genießen wir das Wasser, unseren letzten Wein und die Sterne über uns.


Schon Freitag
  – wer hat an der Uhr gedreht? Bis 10 Uhr bleiben wir noch in der romantischen Ecke auf Brač. Nach einem ausgiebigen Schwimmen nutzen wir in der Stipanska-Bucht auch die noch kühleren Morgentemperaturen und packen unsere sieben Sachen gleich weitgehend in die Taschen. Wieder 10 Uhr rasselt die Ankerkette hoch und wir nehmen Kurs nach Rogač auf der Nordseite der westlichen Nachbarinsel Šolta. Dort sollten wir auf Empfehlung unseres Stützpunktmannes bereits auftanken, da in Trogir immer die Hölle los sei. Eine Stunde später biegen wir nach Rogač ein und kurven auch gleich wieder heraus, denn mindestens 10 Schiffe warten bereits kreisend vor der Tankstelle. Die beabsichtigte Ausklang-Siesta verlagern wir nach kurzem Überlegen von Šolta nach Čiovo und wollen vorher in Trogir unseren Diesel auffüllen. Hoffentlich wird das so auch aufgehen?

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Noch einmal lassen wir die weißen Segel füllen, noch einmal darf die Steuerfrau ans Rad – es geht zurück nach Trogir !

Die Blicke über Bug und Heck lassen hoffen – vorne leer und weit hinten eine Meute. Gegen 13 Uhr warten nur 3 Schiffe an der Tankstelle zwischen Werft und ACI-Marina. Um 13:30 sind wir schon mit vollem Tank wieder um die Ecke zurück und ankern bald drauf in glasklarem Wasser im Zaljev Saldun an Čiovo vor einer romantischen Hausruine. Zwei geruhsame Stunden lang genießen wir zum letzten Mal die dalmatinische Welt in ruhiger Bucht, bei herrlichem Bad, bei bester Versorgung durch die Kombüsenchefin.

Die Schiffsrückgabe bei Waypoint geht problemlos und rucki zucki – schon sind wir beim Räumen und um 16:45 ist das Auto startbereit. Wir wollen diesmal den Abend und etwas Nacht für die Rückreise nutzen, schließlich sind wir Pensionisten und die haben bekanntlich wenig Zeit. Der Samstag ist schon wieder verplant, aber es rede mir keiner von Freizeitstress. Nach Slowenien und den Plabutsch übergebe ich das Lenkrad an Elisabeth für eine Weile. Um Mitternacht hat sie ihr steirisches Vaterland schon hinter sich und kurvt durch die Klauser Tunnels. Ein wenig Samstag zählt nicht mehr, den schon um 01:15 sind wir im Heimatrevier des Yachtclub Braunau-Simbach. Jetzt schlafen wir ein bisschen und träumen von Dalmatien – Laku Noć.

Liebe Leserin, lieber Leser !

Als Resümee können wir dir eine Fahrt in die beschriebene dalmatinische Sackgasse wärmstens (das war es übrigens dort auch) empfehlen, speziell wenn das Wetter so ideal ist, wie wir es bei unserem Törn erlebten. Natürlich darf dabei ein wenig Meilenfresserei nicht gescheut werden, aber diese ermöglicht ja auch nette Segelschläge. Damit bedanke ich mich als Schreiber herzlich für dein Interesse, als Charterer für die ausgezeichnete Abwicklung bei Master Yachting Deutschland (spez. bei Frau Andrea Barbera) sowie bei Waypoint Trogir (hier besonders auch bei Base Manager Milan Petranović für seinen Motorentipp) – darin eingeschlossen ist auch ein Lijepa Hvala für den gewonnenen Gutschein beim Adventspiel 2014. Last but not least danke ich als Skipper meiner Crew, d.h. meiner Frau Elisabeth für ihren Rundumeinsatz in allen Schiffs- und Lebenslagen – ElisAnte war und ist ein gutes Team.

Ante

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Ein letzter Blick ins Malo More zum Abschluss – RECOMMENDED by ElisAnte als Master Yachting Crew !

PS:

Wer unseren Törn vom Vorjahr auch noch erlesen möchte – hier die

Sommergeschichte 2014 aus dem LaBORAtorium der fallenden Winde.

Unter Sailing-BackTrack findest du noch mehr ElisAnte Berichte.

   

Eingewebt by ANTE !