Sonntag, 2. Jänner 2011:

Um 02:00 Uhr holen wir Elly und Manfred zu Hause ab und fahren gemeinsam zum Flughafen nach München. Der Abflug ist pünktlich um 05:50 und um 09:45 Ortzseit landen wir auf Lanzarote. Jürgen empfängt uns mit der Videokammera in der Hand. Er hat mit seiner Frau bereits eine Woche Urlaub hier verbracht. Jürgen hat ein Auto gemietet mit dem wir nun gemeinsam in die Marina Rubicon fahren. Diese Marina ist fast neu und sehr schön. Die Rapa Nui liegt am zweiten Steg das zweite Boot. Sie hat sich überhaupt nicht verändert, sie sieht so aus wie ich sie vor 3 Jahren nach dem Ecker Cup verlassen habe. Mittlerweile ist die Rapa Nui zwar 10 Jahre alt, sieht aber nach wie vor wie neu aus, sie ist eben ein gepflegtes Eignerschiff.

Wir stoßen mit einem Bier auf unsere gemeinsamen 12 Tage an. Danach beginnt die Vorbereitung für die 900 Seemeilen Überfahrt zu den Cap Verden. Jürgen und ich waschen das Vordeck und befestigen das Dingi über dem Decksalon. Aber alles in Ruhe, wir haben ja Urlaub und die Reise ist mit genügend Zeit geplant. Den aktuellen Wetterbericht holen wir uns über das Internet. Die ersten zwei bis drei Tage beginnen mit wenig Winde und danach setzt NO-Wind mit 15-20 Knoten ein. Es sind also idealste Bedingungen vorausgesagt.  

Mittlerweile ist es Nachmittag und Hunger treibt uns zu den Speiselokalen in der Marina. Wir nehmen nur eine Kleinigkeit zu uns, denn abends wollen wir in Lanis Restaurant gehen. Manfred kennt dieses Lokal. Zurück an Bord wird nun eine Einkaufsliste zusammen gestellt. Elly, Jürgen und ich fahren mit dem Auto zum Supermarkt nach Arrecive. Wir bekommen dort alles was wir unterwegs für das leibliche Wohl benötigen. Zwei volle Einkaufswagen! Manfred wird der Schlag treffen. Zurück am Schiff räumen wir vorerst nur die verderblichen Sachen ein und gehen dann – schon wieder hungrig – auf ein Steak in Lanis Restaurant. Elly und Manfred werden dort vom Ober wie Familienmitglieder empfangen. Bestens gespeist und mit ein paar Achterl Wein kehren wir zur späten Stunde aufs Boot zurück und gehen zu Bett, denn morgen beginnt vielleicht bereits unsere Reise.

Montag, 3. Jänner 2011:

Nach der Toilette mache ich einen ausgedehnten Spaziergang rund um das Marinagelände. Eine wunderschöne Anlage wurde hier gebaut. Alles pikobello sauber – einladend zum länger bleiben und genießen. Beim Rückweg nehme ich noch Brot mit – nur fürs Frühstück um die Qualität zu testen. An Bord ist bereits alles auf, Elly steht am Herd und der Speck brutzelt in der Pfanne. Ham and Eggs – wie könnte der Tag besser beginnen. Danach werden die restlichen Lebensmittel und Getränke verstaut und das Boot fertig geschrubbt.

Nach ausreichendem Schlaf – wer weiß wann das wieder möglich ist wird ausgiebig gefrühstückt. Wie ich vermutet hatte, Manfred ist geschockt von den Mengen, die wir besorgt haben, weiß aber auch, dass wir alles benötigen. Alles findet seinen Platz und wir sind am frühen Nachmittag fast fertig zum Ablegen. Der Wetterbericht sagt, dass wir noch mit 2 Tagen Flaute rechnen müssen. Wir beschließen noch einmal an Land gut zu speisen und es zieht uns wieder in Lanis Restaurant. Im Lokal beschließen wir – wegen dem später einsetzenden Passat – noch eine Nacht in der Marina zu schlafen. Nun können wir noch eimal den Abend so richtig genießen, was wir verständlicherweise auch tun.

Dienstag, 4. Jänner 2011:

Nach dem Früstück wird das Leihauto zurückgegeben, in der Marina die notwendigen Formalitäten erledigt und Elly und Manfred verabschieden sich noch von den mittlerweile befreundeten Bootsnachbarn. Die Leinen werden auf Slip gelegt und mit einem Leinen los geht es hinaus auf das Meer, für Jürgen und mich die bisher längste Überfahrt in einem Stück.

Nach dem Auslaufen wird der gereinigte Loggegeber installiert und die Anzeige den GPS-Daten angeglichen. Mit einer Dose Bier wünschen wir uns einander eine schöne und gemütliche Überfahrt. Es geht nun mit 240° hinunter auf die Westseite von Fuerteventura. Der Wind bleibt wie erwartet unter 10 Knoten und dreht von N bis S. Im Laufe des Nachmittags haben uns immer wieder größere Delfinschulen begleitet. Abends gibt es Spaghetti und die Wacheinteilung wird durchgeführt. Aus Erfahrung wissen wir dass ein 2 Stundenrythmus sehr angenehm und wenig belastend ist. Jürgen = #1, ich – #2 und Manfred übernimmt die 3. Schicht. Unser Dank an Elly für das gute Essen – wir nehmen sie nicht in den Wachplan mit auf. Die Nacht verläuft ruhig.

Manfred hat die Rapa Nui wieder auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Dazu zählt auch das AIS (Automatic Identification System). Auf dem GPS-Plotter werden alle Schiffe bis weit über den sichtbaren Bereich hinaus angezeigt und deren Daten wie Schiffsname,  Länge, Breite, Tiefe, SOG, COG, Schiffsart, Zielhafen und vieles können abgefragt werden. Da mittlerweile Berufsschiffe über 300 BRZ ausgestattet sein müssen vermittelt das zusätzliche Sicherheit. Die Rapa Nui als Segelschiff zählt zu den ersten Segelschiffen, die mit dieser neuen Technik ausgestattet sind.  

Im laufe der Nacht müssen wir einige Male unseren Kurs verändern um den doch regen Schiffsverkehr nicht allzunahe zu kommen.

Mittwoch 5. Jänner 2011:

Gegen morgen steigert sich der Wind aus Nord-Osten auf 11-13 Knoten. Um 08:30 setzen wir den Blister und das Groß und wir machen 6 Knoten Fahrt, nur einen Knoten langsamer als mit Motor. Um 12:00 Uhr verkündet Manfred ein Etmal von 164 sm. Der Wind dreht langsam nach Osten und wird etwas schwächer – Nachtrimm ist erforderlich. Zu Mittag gibt es Thunfischsalat. Danach wird bei 10 Knoten Wind und 5,5 – 6 Knoten Fahrt Siesta gemacht. Am Abend gibts Wiener Schnitzel mit Salz-Kartoffel. In der Nacht flaut der Wind ab und wir dümpeln zwischen 0,5 und 2 kn fast bis zum Morgen unserem Ziel entgegen.

Donnerstag 6. Jänner 2011:

Der Strom hilft uns mit ca. 1 Knoten. Wir machen wieder Fahrt zwischen 5 und 6,5 Knoten. Wir haben zwar noch immer ESE-Wind, hoffen aber, dass bald der Passatwind einsetzt. Am Nachmittag fällt der Wind wieder auf 4 kn zusammen und wir beschließen mit Motor bis zum Ensetzen von Wind weiterzufahren. Wir vermuten, dass das lt. 2 Tage alter Wetterkarte um Mitternacht sein wird. Nachmittags machen Jürgen und ich einige Standlinien von der Sonne. Es dauert etwas bis ich die Rechenvorgänge wieder aus dem Hinterstübchen hervorbringe. Ca 8 sm vom tatsächlichen Ort entfernt finde ich fürs erste nicht so schlecht.

Freitag 7. Jänner 2011:

Manfred hat in der Nacht zusätzlich zum Motor das Groß gesetzt. Der Wind dreht nun nach NE, und steigert sich schön langsam auf 10-12 kn. Nach einem ausgiebigen Frühstück beginnen wir das Passat-Segel zu setzen. Dazu wird zuerst das Kutterstag gesetzt und beide Spibäume montiert. Die Niederholer werden so eingestellt, dass die Spibäume nicht an den Babywanten anstehen können. Danach wird das Passatsegel mit den Stagreitern in das Kutterstag eingehängt. Die Schoten werden verlegt. Auf Kommando wird exakt auf Vorwind gedreht, das Fall gehisst und die Schoten soweit dicht geholt, dass Topnant, Niederholer und Schot ein scheinbar starres System bilden. Dadurch wird das Scheuern und unnötige Arbeiten an den Gelenken und Verbindungspunkten verhindert. Ein für uns Regattasegler Jürgen und mich noch nie geseztes Segel.

Der Wind steigert sich langsam und pendelt sich um NE ein. Um 22:00 löse ich Jürgen von der Wache ab, da erreichen wir die Hälfte der Strecke zu den Cap Verden. Wir wecken Elly und Manfred und eine Flasche Schampus wird für das Bergfest, so wird das bei Langzeitseglern genannt, geköpft. Der Wind erreicht in der Nacht nun Passatstärke – 20-25kn.

Samstag 8. Jänner 2011:

Wir brausen durch die dunkle Nacht mit 6,5 kn. In Spitzen erreicht das Boot 8 bis 10 kn. Das Passatsegel verzeiht Kursschwankungen sehr gut und hilft automatisch mit, wieder auf den richtigen Kurs zu kommen. Im Dunkeln können wir die Wellenberge nur vermuten.

Bei Sonnenaufgang wird die Angel wieder ausgebracht. Unsere Geschwindigkeit passt perfekt für ein Anglerglück, denn bei zu geringerer Geschwindigkeit geht ein Räuber nicht an den Köder, da er vermutet, dass das Tier krank ist.

Die hohen Wellenberge sind für Jürgen ein Vergnügen. Mit seiner Action-Kamera GOPRO macht er alle möglichen und unmöglichen Aufnahmen rund um das Boot. Über meinen PC haben wir auch gleich die Möglichkeit das Beste herauszufiltern.

Um 18:21 rattert die Angel – Fischalarm!! Manfred kurbelt bereits an der Angel. Es geht alles sehr schnell. Der Fisch, eine Goldmakrele wird am Haken hereingehoben und betäubt und getötet. Elly und Jürgen schneiden die Filets herunter, der Rest wird dem Meer wieder zurück gegeben – Petri Dank.

Die Filetstücke werden von Elly mariniert und in den Kühlschrank gegeben, den Fisch gibt es erst einen Tag später, somit kann sich das Eiweiß richtig entwickeln. Für heute gibt es Spaghetti mit Sugo, das Elly in einem Einweckglas von zu Hause mitgebracht hat.

Sonntag 9. Jänner 2011:

Die Fahrt in der Nacht gleicht einer schier nicht endenden Achterbahn. Einige Zeit, oftmals eine 1/4 Stunde braust das Boot so richtig dahin als ob es kaum Wellenberge gäbe. Dann wird das Boot plötzlich gehoben und auf die Seite gedreht. Die nächste Welle bricht unterm Boot mit einem ohrenbetäubenden Brausen. Der Speedometer erreicht nicht selten 9-10kn.

Morgens sehen wir wie sich die See mit dem andauernden gleichmäßigen Wind entwickelt hat. Sie ist langgezogen und ein Wellenberg nach dem anderen kommen von achtern heran und fällt in sich zusammen. Wenn sich eine Welle nahe genug aufbäumt,  dann wird das Boot hochgehoben, in Fahrt versetzt und die Welle braust unten durch. Wenn die Welle seitlich kommt dann dreht sich das Boot, die Leeseite des Passatsegels fängt an zu killen, der Autopilot kurbelt wie verückt und langsam dreht das Boot wieder auf Kurs. Wir schätzen die Wellen auf 4 Meter, vereinzelt sehen wir auch beängstigend 5-6 Meter-Wellen auf unser Heck zurollen.

Zu Mittag verkündet Manfred unser bisher höchstes Etmal – 167 sm! Wir rechnen schon nach, wann wir in Mindelo einlaufen werden. Es wird sich nicht ausgehen den Hafen bei Tageslicht zu erreichen auch wenn wir nochmals ein so gutes Etmal zusammenbringen. 

Am Abend paniert Elly unter schwersten seemännischen Bedingungen die Fischfilets. Sie schmecken einfach herrlich.

Montag, 10. Jänner 2011:

In der Nacht hatte der Wind auf 25-30 kn zugelegt. Wir können uns nun eine Fahrt über den Atlantik in etwa vorstellen und beneiden in gewisser Weise Elly und Manfred. Wir rechnen schon nach, wann wir in Mindelo einlaufen werden. Der Wind dreht nun langsam nach rechts so wie es die Antlantiküberquerer brauchen. Für uns nicht so gut. Am Nachmittag können wir mit dem Passatsegel unseren Kurs nicht mehr halten. Wir wechseln daher auf Genua und kleines Groß.

Die kapverdischen Inseln scheinen verschwunden zu sein. Erst 9 sm davor taucht die erste Insel eingehüllt von einer Passatwolke auf. Bis zur Hafen Porto Grande in Mindelo sind es noch 25 sm. Wir tasten uns gegen 22:00 an den Hafen heran, denn wir haben eine nicht aktuelle Seekarte nur am PC. Von Schäfer Klaus wussten wir, dass die Einfahrt wegen unbeleuchteter Boote und eines Wracks im Hafenbecken nicht so ohne ist. Klaus warnte – er würde in der Nacht den Hafen nicht anlaufen. Daher sind wir extrem vorsichtig und legen gegen 23:00 Uhr in der Marina an.

Wir feiern natürlich die Ankunft und die tolle Überfahrt von Lanzarote – 964 sm, 51 Motorstunden inklusive Ladestunden. Ausserdem feiern wir Elly und Manfreds 30jährigen Hochzeitstag.

Dienstag, 11.Jänner 2011:

Am nächsten Morgen erinnerten wir uns an die Warnung von Klaus. Direkt vor der Einfahrt lag das fast zur Gänze versunkene Wrack!
Erstmal so richtig von der Reise erholen. Abends wird dann der Hochzeitstag von Elly und Manfred richtig gefeiert. 

Mittwoch, 12. Jänner 2011: 

Jürgen und ich gehen alleine los und wollen Mindelo und die Insel erkunden. Mit einem Bus lassen wir uns um 0,35 Eur durch die ganze Stadt kutschieren. Danach setzen wir uns in ein Sammeltaxi. Es dauert eine halbe Stunde, dann ist das Taxi übervoll (14 Personen) und es geht raus aus der Stadt, über das Land bis ans Ende der Insel. Erschreckend wie einfach und arm die Menschen hier leben. Danach mieten wir das Sammeltaxi und werden zum höchsten Berg der Insel, dem Capo Verde hochgebracht.
Zum Abschluß gehen wir noch in den Club Nautico wo wir den YCBS-Clubstander entdecken.

Donnerstag, 13. Jänner 2011:

06:30 Tagwache. Nach dem Frühstück fahren wir mit der Fähre zur gebirgigsten Insel der Capverden der Insel Santo Antao wo wir mit einem einheimischen Führer eine beeindruckende Insellandschaft zu sehen bekommen. Über dem tosenden Atlantik schlängelt sich ein Straße hoch zu einem ursprünglichen Vulkankrater. Der Passat staut sich an der Nordseite der Insel und feuchtet diese mit Nebelschwaden wo jedes Fleckchen mühselig bebaut wird.

Freitag, 14.Jänner 2011: 

06:45 Nach einer ausgiebigen Dusche bekommen wir von Manfred noch Kaffe und Tee serviert. Abschied tut weh – wir hatten alle gemeinsam mit den Hammingers auf der Rapa Nui sehr schöne Tage verlebt. Pünktlich um 07:30 fahren wir mit einem angemieteten Sammeltaxi zum Flughafen. Unsere Heimreise besteht aus 4 Flügen – Sao Vizente-Sal, Sal-Boa Vista, Boa Vista-Kanaren und Kanaren-München. Um 00:45 kommen wir zu Haus an. Ich falle ins Bett und träume wie uns Riesenwellen, eine nach der anderen gemütlich über den Atlank schieben.

Vorschau für die nächsten 3 Wochen

Elly und Manfred genießen noch einige Tage in Mindelo. Voraussichtlich am Dienstag, den 18. 1. werden sie die Reise über den Atlantik antreten. Das Rapa Nui ist sehr gut für diese Reise vorbereitet. Aus heutiger Sicht ist anfangs mit Wind von 15 bis 25 kn aus ENE zu rechnen, später 20-30 kn. Also ideale Bedingungen für die Überfahrt. In 16-18 Tagen werden sie entweder auf Barbados oder Martinique anlegen.

Wir wünschen unseren beiden Hochseeseglern und der Rapa Nui alles Gute und ein angenehmes Hinüber-Schaukeln auf die andere Seite des Teichs.